OLDENBURG Ein Konzertbesucher betritt den Musiksaal. Für gewöhnlich erwarten ihn geordnete Sitzreihen, die auf eine Bühne mit Musikern, das Zentrum des Abends, ausgerichtet sind. Gewöhnlich sollte es im elektroakustischen Konzert „Harmony of the Spheres“ von den „Orlandoviols“ jedoch nicht zugehen: Eingekreist von Lautsprechern und bunten Scheinwerfern standen zahlreiche Stühle ungeordnet inmitten des Saals der Garnisonkirche; die Musiker befanden sich außerhalb dieses Zentrums.
Kosmologische Harmonie
Was das alles auf sich hat, erklärte zu Beginn Claas Harders, der neben Júlia Vetó, Giso Grimm, Claire Bacher (vertreten an diesem Abend von Ekaterina Kuzminyth) und Laura Frey das Gambenensemble bildet: Mittels dieser räumlichen Klangausrichtung solle der alte Glaube an die universelle Harmonie, die sich u.a. in Zahlenästhetik und antiker Kosmologie zeigt, greifbar gemacht werden. Genau diese universelle Harmonie ist dem Ensemble durch ihr perfektes Zusammenspiel und die ungewohnte Raumaufteilung gelungen. In der „Music for Viols“ von Lee Santana lassen die Gamben ihre Stimmen tanzen. Inspiriert von Planeten, werden die Instrumente nicht nur in Höhen und Tiefen ihrer Umlaufbahn getrieben, auch Geschwindigkeit und Intensität werden ausprobiert. Während der Hörer zunächst versucht, sich auf einzelne Stimmen zu konzentrieren, ist er letztlich gezwungen, sich dem Schicksal des Zentrums, in dem er sich befindet, hinzugeben – ein allumfassendes Erlebnis.
Klänge wandern
Ebenso faszinierend erklingt „In Nomine“ von Mr. Picforth. Das Publikum bekommt stets neue Impulse, die es verfolgen möchte. Die Klänge wandern über die Lautsprecher durch den Raum – mal links-, mal rechtsherum. Einige Besucher schließen die Augen, um sich vollkommen auf die Kraft der Musik, auf die kosmischen Sphären zu konzentrieren. Das Visuelle ist Nebensache.
Als Leckerbissen zeigte sich „Violin Phase“ vom Begründer der Minimal Music Steve Reich. Unglaublich, wie sich das einfache Pattern durch minimale Zeitverschiebung in neue Rhythmen und Harmonien entfaltete. Unglaublich auch die Konzentration der Musiker, die ein solches Werk bedarf. Eine erstaunliche Reise, die mit Giovanni Pierluigi Palestrina letztlich wieder in der Welt des akustischen Klanges enden sollte.