Oldenburg Der erste Liederabend der Saison im Staatstheater bot ein rein skandinavisches Programm mit „Impressionen aus dem Norden“. Die Norwegerin Ann-Beth Solvang und die finnlandschwedische Mezzosopranistin Erica Back erfreuten mit einem Jahreszeiten-Programm aus ihrer skandinavischen Heimat. Der aus Polen stammende Piotr Fidelus war viel mehr als nur „Begleiter“, denn er steuerte zu den jeweiligen Jahreszeiten – Frühling, Sommer, Herbst und Winter – insgesamt fünf atmosphärisch und thematisch passende Klavierwerke bei, eines vom Norweger Edvard Grieg und vier vom Finnlandschweden Jean Sibelius. Piotr Fidelus war mit technisch sicherem und ausdrucksvollem Spiel, das sich in den programmatischen Großzusammenhang nahtlos einordnete, ein wichtiger Garant für den äußerst gelungenen Abend.
Die beiden Mezzosopranistinnen standen natürlich ganz im Vordergrund. Von den insgesamt – mit den zwei Zugaben – siebzehn Liedern sangen sie auch drei schwedische und ein norwegisches Lied gemeinsam. Gerade diese Duette forderten zu einem Stimmenvergleich heraus. Beide Stimmen sind im landläufigen Sinn schön, technisch ausgereift, schmiegsam, wenn es um die Verdeutlichung des Gehaltes, um feine Schattierungen geht. Aber Solvangs Mezzo strebt eher in die Höhe, ist dramatischer und hat manchmal einen metallischen Anklang, während Backs Mezzo dunkler timbriert ist und vermutlich auch Alt-Lieder singen und gestalten könnte. Gerade diese unterschiedliche Einfärbung bei gleicher Stimmlage machte den Reiz der Duette aus.
Die vom Ausdruck her ganz unterschiedlichen Kunstlieder nach zumeist bedeutenden skandinavischen Dichtern stammten mehrheitlich vom Norweger Edvard Grieg und vom Finnlandschweden Jean Sibelius. Diese Lieder waren allesamt von großer kompositorischer Kunstfertigkeit und überzeugten durch den gelungenen Ausdruck einer Situation, eines Gefühls oder einer der jeweiligen Jahreszeit angemessenen Stimmung. Glücklicherweise waren im verdienstvollen Programmheft alle Lieder ins Deutsche übersetzt mitzuverfolgen. Es ist unmöglich, die große Spannbreite der Texte und die teils kongeniale Vertonung im einzelnen zu schildern. Aber der richtig übermütige Ausdruck von Einojuhani Rautavaaras Lied „Glückskatze“ nach einem Gedicht von Edith Södergran und Edvard Griegs besonders schöner, stimmungsvoller und ambitionierter „Frühling“ (Text von Aasmund Olavsson Vinje) mögen stellvertretend genannt sein für einen stimmlich und musikalisch gelungenen, ausdrucksintensiven und berührenden Liederabend, der bis zu den beiden weihnachtlichen Zugaben aus Schweden einmal mehr deutlich machte, wie sehr das skandinavische Empfinden in seiner Innigkeit und verhaltenen Volkstümlichkeit dem unseren verwandt ist.