Oldenburg Mögen Grenzziehungen auch wieder in Mode kommen, diese historische Demarkationslinie ist längst aufgehoben: die in der Musik zwischen den Genres E und U, zwischen ernster und unterhaltsamer Musik. Wer die Seiten wechselt, braucht weder Pass noch Visum. Er braucht nur guten Geschmack.
Den bringt das Trio „Tri-au-Lait“ bei seinen Grenzgängen zwischen Jazz, Weltmusik und Ausblicken Richtung Klassik reichlich mit. Und wenn sich Gäste wie Hille Perl (Gambe) und Sophie Wachendorff (Gesang und Instrumente) zur Urbesetzung Dagmar Martens (Klarinetten), Jens Piezunka (Bass) und Gerhard Böhm (vielerlei Zupf- und Schlaginstrumente) gesellen, dann wird die Musik zum packenden Ereignis.
Der Saal im Wilhelm 13 ist ausverkauft. Etlichen bleibt nur draußen der Sitz an der Bar.
Vom 16./17. Jahrhundert mit John Dowland und Claudio Monteverdi und der Jetztzeit hat Organisator Böhm den Programmbogen gespannt. Bildhaftes ist dabei, wenn die Klarinettistin drastisch-virtuos eine Entenfamilie karikiert. Praktische Ratschläge fehlen nicht, wie die, „Sieben Arten, Auberginen zuzubereiten.“ Das Gemisch wird nie kitschig, wenn es um Gefühle geht, wie in Peter Gabriels „Mercy Street“ oder dem nach der großen Liebe fischenden „Soy Pescador“ von Downs/Cohen. Und es gibt das gerade in seiner Beschränkung auf Bass und Rahmentrommel so mitreißende Duo „The Face of Love“.
Im Zerpflücken und Umbauen bekannter Elemente zeigt sich das Quintett meisterlich im Feingefühl. Schon beim Schlagwerk gibt es keine dröhnende Percussion, sondern eine Vielfalt bis hin zu dem einem Flitzbogen ähnlichen südamerikanischen Berimbau. Nie wird dick aufgetragen, aber alle können gut zupacken. Weltklasse-Gambistin Hille Perl stimmt eingangs die Melodie „Philemos“ von Florian Dohrmann an, die anderen steigen ein, verflechten sich miteinander, und zwei Stunden lang reißt dieser Gesprächsfaden nicht ab. Manchmal legt sich ein zarter Gazeschleier über die Musik.
Einen kleinen Preis hat die gute Stimmung. Die liegt in der Stimmung der Instrumente. Die Gambe muss, anders als im barocken Typ, hier im Zusammenspiel und bei ihrer elektronischen Verstärkung auf 422 Hertz hochgestimmt werden. Das beraubt sie etwas ihrer Klangwärme und verzaubernder Obertöne. Doch wer empfindet das schon als Manko, wenn Hille Perl alle solistisch mit einem arabischen Maquam in den Bann schlägt, Improvisationen zu einer Grundmelodie? Einfach klasse! Ohne Zugaben geht da gar nichts.
Und wer weiß: Vielleicht entsteht aus dieser erneuten Gelegenheitsarbeit mal eine Kultreihe.