Osternburg „Drei Schüsse, drei Grimassen!“ Das Kommando kommt plötzlich. Aber Michaela Bümmerstede ist fix. Die junge Frau streckt die Zunge aus, klemmt die Lippen zusammen, verdreht die Augen. „Perfekt!“ Fotograf Johannes Bichmann nimmt beeindruckt die Kamera runter. Das Model, das ihm da so schnell drei lustige Gesichtsausdrücke präsentiert hat, ist nämlich kein Profi – im Gegensatz zu ihm.
Einzeln und zusammen
Der 33-Jährige, der schon als freier und angestellter Fotograf auf den Philippinen, in Los Angeles, London und Köln gearbeitet hat, war am Mittwochmorgen in der „Villa Stern“ im Einsatz. Seine Models waren Personal dieses Hotels, das Menschen mit Behinderung Arbeitsplätze bietet. Michaela Bümmerstede, 37 Jahre alt, gehört zum Team. Sie und drei ihrer Kolleginnen von der „Housekeeping“-Truppe sind die ersten, die Johannes Bichmann an diesem Tag in der Suite „Elisabeth“ vor der Linse hat. Einzeln und – mit Mundnasenschutz – auch zusammen.
Mit diesem Fotoshooting erfüllt sich der Oldenburger einen persönlichen Wunsch. Er erklärt: „Ich habe mit Fashion-Fotos angefangen. Doch das wurde mir zu leer. Ich wollte etwas Sinnvolles machen. Den Menschen an sich als ,schönes’ Motiv nutzen. Das Gesicht dahinter darstellen.“ Immer mal wieder setzt Johannes Bichmann das in eigenen sozialen Fotoprojekten um, für die er kein Geld nimmt. Etwa 1000 Euro insgesamt würde er sonst an solchen Gruppen-Shootings von Mitarbeitern verdienen.
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Obdachlose, Geflüchtete, Menschen im Altenheim waren schon seine Modelle. Nun ist es das Hotelpersonal in der Osternburger „Villa Stern“. Er schreibe soziale Einrichtungen, die ihn interessieren, an und frage nach einer kreativen Zusammenarbeit. „Hier kam die Antwort superschnell“, erzählt Bichmann und strahlt. Die Baumhaus gGmbH, zu der auch das Hotel gehört, könne die Fotos für ihre Homepage nutzen und das Personal die Bilder zum Beispiel auch für Bewerbungen.
Aufwärmen nicht nötig
Und da sind dann selbstverständlich keine Grimassen gefragt. Die verlangt der Profi ja auch nur zwischendurch, um die Atmosphäre – und die Gesichtsmuskulatur – aufzulockern. Dieses Hotelpersonal zeigt im Blitzlicht besonderes Talent. „Warmschießen“ nennt es Johannes Bichmann, wenn er das jeweilige Model zum ersten Mal anvisiert. Aufwärmen musste er seine „Motive“ am Mittwoch aber gar nicht. Und das hatte nichts mit der sommerlichen Hitze zu tun.
Michaela Bümmerstede macht den Anfang. Ihre Aufregung merkt man ihr nicht an. „Überrascht gucken. Arme verschränken.“ Routiniert folgt die Amateurin den Anweisungen des Fotografen. Nur das Lächeln mit geschlossenem Mund will nicht so recht klappen. Die Laune ist einfach zu gut. Auch bei Johannes Bichmann. „Das sind spannende Motive.“ Das hören Michaela und ihr Kolleginnen gern. „Und hier bekommen wir auf jeden Fall alle ein Foto. Das ist bei Heidi Klum ja nicht so.“