Oldenburg Die Nachrichten dieses Donnerstags: Hurrikan „Sandy“ schlägt eine Schneise der Verwüstung durch den Osten der USA, Hochwasser umschwemmt Venedig, in Oldenburg regnet es Bindfäden, und in der Kulturetage tropft es. Deutlich hörbar und ohne Unterlass, zwei Stunden lang. Die Naturgewalten machen eben auch vor der Bahnhofstraße 11 nicht Halt, und das Theater k zollt ihnen Tribut mit der Premiere der Klimafarce „Nass ohne Boden“.
Wie es sich für eine ordentliche Farce gehört, herrscht Endzeitstimmung auf der Bühne: Ganz Norddeutschland ist in einer nicht sehr fernen Zukunft überschwemmt, ist eine einzige Wasserwüste. Ganz Norddeutschland? Nein, in einer Stadt unbekannten Namens haben sich vier Menschen in ein nur halb zerstörtes Gebäude retten können, wo sie – dank Supermarkt im Untergeschoss – seit Monaten das Überleben üben.
Ausgehend von diesem Szenario entwickelt Autor und Regisseur Mark Spitzauer eine Farce der besonders gemeinen Art: Ihrer ausweglosen Lage versuchen die beiden Paare zu entrinnen, indem jeder in seine eigene Macke emigriert: Paula (Franziska Vondrlik) in den Irrsinn, Hermann (Markus Weiß) in den Macho-Sex, Serena (Katrin Pachel) in brutalen Realismus und Roland (Uwe Bergeest) in oberlehrerhaften Aktionismus.
Die Farce an dieser Farce: Die Vier haben nicht nur keine Chance, sie sind auch noch Marionetten. Ihr Schicksal wird quasi vorbestimmt von der Meerjungfrau – vielleicht auch Seehexe – Noah (gespielt von Natascha Czichon), die ihnen in acht Aufzügen den Weg ins nasse Untergehen weist.
Ein Theaterereignis mit wahrhaftem Tiefgang: Was für den Zuschauer zur manchmal beklemmenden, oft aber hochwitzigen Groteske gerät, ist für die fünf Schauspieler harte Arbeit. Bis an den Rand physischer Erschöpfung geht ihr Einsatz des öfteren, ohne dass ihre Darstellungskunst darunter leidet.
Doch nicht nur deshalb staunte das Premierenpublikum: Der eigentlich schmucklose Saal des Theaters k wurde dank der Arbeit von Bernhard Weber-Meinardus und Michael Olsen in eine einzigartige Schaubühne verwandelt: Auf insgesamt vier Ebenen auf zwei Etagen, bestückt mit Hunderten von Ausstattungsdetails streiten sich die Figuren dieser begeisternden Inszenierung dem unvermeidlichen Ausgang entgegen.
„Nass ohne Boden“ ist als herausragende und höchst aufwendige Eigenproduktion in der Tat das „größte Ding, dass in der Kulturetage wohl jemals gezeigt wurde“ (Spitzauer). Und es ist mehr: Ein Stück, dass ebenso laut lachen wie leise nachdenken lässt. Die nächste Überschwemmung kommt bestimmt, und im Hintergrund der Bühne tropft es bereits.
Weitere Termine: Sonnabend, 5. November; 8. bis 10. November, 16./17. November, 23./24. November. Karten gibt es unter Tel. 92 48 00.