Carsten Niederberger: Ich habe gedacht: Mist, kann denn nicht ein Jahr mal alles so laufen, wie ich will?! Das ist für mich das absolute Worst-Case-Szenario! Nach dem Riss meiner Kette in Frankfurt letztes Jahr, das zweite Mal Pech in Folge. Ich kann die 3,8 Kilometer sicher in 48 Minuten schwimmen, das hat mich also etwa zehn Minuten gegenüber der Konkurrenz gekostet! Außerdem ändert das auch den gesamten Rennverlauf.
Niederberger: Ich wäre sonst ganz vorne auf die Radstrecke gegangen, wo ich dann normalerweise sehr lange Ruhe habe, bis von hinten andere Athleten aufschließen. Jetzt musste ich schon im Pulk losfahren und permanent darauf achten, das Reglement, also den Windschatten und die Überholvorschriften, einzuhalten. Das macht das Fahren extrem unrhythmisch.
Niederberger: Nein, so professionell sollte man dann sein, und das durchziehen. Ich bin sehr schnell zu dem Schluss gekommen, dass ich da jetzt das Beste draus machen muss. An solche Situationen muss man mit einer positiven Einstellung rangehen, und ich bin ja auch kein schlechter Radfahrer und Läufer.
Niederberger: Ich habe meine Taktik etwas umgestellt und bin sehr schnell angefahren, um nicht in die Pulks zu kommen. Normalerweise fahre ich eher verhalten an, denn so ein Ironman ist extrem lang und wenn man zu früh zu viel Energie verbraucht, rächt sich das zu einem späteren Zeitpunkt. Die Taktik ging dann zwar auf dem Rad sehr gut auf, hat mich aber für den Marathon ein paar Körner gekostet.
Niederberger: Ich bin im Nachhinein mit meiner Zeit von 8:31:45 Stunden extrem zufrieden. Der kleine „Warmup-Lauf“ lief erwartungsgemäß locker und gut (23:13 Minuten). Meine Radzeit ist extrem stark, 15 Minuten schneller als letztes Jahr. Da spielt sicher auch das neue Rad eine Rolle. Das läuft einfach sensationell. Aber ich habe auch in der Leistungsfähigkeit etwa zehn Watt draufgelegt.
Niederberger: Der war auch gut, wenn man bedenkt, dass ich mit bereits gereizter Achillessehne ins Rennen gegangen bin und während des Laufens immer stärkere Schmerzen bekommen habe. Die letzten 15 Kilometer waren nur noch Kampf! Umso glücklicher bin ich, dass ich noch gut durchgekommen bin. Und das auch fünf Minuten schneller als letztes Jahr.
Niederberger: Wahrscheinlich schon. Die vier verfügbaren Slots gingen an extrem starke Läufer, die sicher von der veränderten Situation profitiert haben. Aber: So ist Sport. Die Bedingungen sind immer für alle gleich und es gewinnt der Beste. Aber ich bin stolz auf mein Ergebnis unter den für mich nicht ganz optimalen Bedingungen. Was mich fast noch mehr ärgert, ist die Tatsache, dass wenn man die Laufzeit für die sechs Ersatzkilometer durch meine Schwimmzeit ersetzt, hätte ich es wohl in gut unter neun Stunden ins Ziel geschafft – was ich schon auch gerne einmal erreichen würde in meiner Triathlon-Karriere.
Niederberger: Ja genau, ich freue mich jetzt sehr auf die Ironman-70.3-WM in Südafrika, für die ich mich vor vier Wochen in Luxemburg qualifiziert habe und wo ich hoffentlich über die halbe Distanz noch mal zeigen kann, was ich aktuell drauf habe.
Niederberger: Der lebt weiter! Eine Quali für Hawaii werde ich voraussichtlich in 2020 wieder angehen, dann in einer neuen Altersklasse (lacht). Im nächsten Jahr möchte ich mich auf Ironman-70.3-Distanzen konzentrieren und meinem Körper durch die etwas geringeren Trainingsumfänge die nötige Ruhe gönnen, um dann 2020 wieder richtig angreifen zu können. Außerdem freut sich meine Frau, wenn ich etwas mehr Zeit für gemeinsame Unternehmungen habe.
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