Oldenburg Der Heimatdichter August Hinrichs (1879-1956) polarisiert noch immer: Die einen sehen in ihm den erfolgreichen Oldenburger Volksschreiber (unter anderem „Krach um Jolanthe“), die anderen einen Blut- und Boden-Schriftsteller, der sich von den Nazis willig instrumentalisieren ließ und es nicht mehr verdient hat, Ehrenbürger und Pate einer Straße zu sein. Das bewies am Dienstagabend die teilweise sehr emotional geführte Straßennamendebatte im PFL, in der es an diesem Abend mit mehr als 100 Gästen auch um die Namenspaten Paul von Hindenburg und Hedwig Heyl ging. Eingeladen hatten Stadt und Universität.
Man dürfe Hinrichs nicht durch eine Umbenennung der Straße aus dem kulturellen Stadtgedächtnis verdammen, meinte Sportchronist Matthias Schachtschneider. Ratsherr Hans-Henning Adler (Linke) hingegen erinnerte an die „Tornister-Schrift“ von 1944, in der ein Gedicht Hinrichs’ Frontsoldaten stärken sollte. Überdies sei nicht bekannt, dass Hinrichs sich nach 1945 von solchen Veröffentlichungen distanziert habe.
Lesen Sie auch:Dirk Hinrichs berichtete von der heutigen Beliebtheit der Stücke seines Großvaters – bemessen etwa an den Tantiemen. Der Verwalter des Erbes verteilt die Einnahmen in der Familie. Und Stefan Müller, Anwohner der August-Hinrichs-Straße, blickte nicht nur zurück auf familiäre Erinnerungen vieler in dieser Straße, sondern erläuterte eine Umfrage unter den langjährigen Anwohnern, von denen seinen Berechnungen zufolge 91,4 Prozent für die Beibehaltung des Namens stimmten.
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Ex-Bürgermeisterin Hiltrud Neidhardt (Grüne), auch Anliegerin, aber meinte, Hinrichs habe durch sein Wirken das Nazi-Regime gestützt und sei kein Vorbild, daher müsse die Straße umbenannt werden. Ratsherr Sebastian Beer (Grüne) wies darauf hin, dass persönliche Erlebnisse ja nicht verschwinden, nur weil eine Straße umbenannt würde. Dass aber der Name einer Straße, die zum öffentlichen Raum einer Stadt zähle, nicht nur Anlieger angehe. Am Rande stritten Ex-Ratspolitiker wie Reinhold Kühnrich (bis 2001 Ratsherr Linke Liste) und Werner Rettig (von 1986/1994 Landtagsabgeordneter SPD) darüber, wer von beiden wohl moralisch integer genug sei, um Hinrichs zu kritisieren.
Im weiteren Verfahren werden nun im Kultur- und Verkehrsausschuss die Ergebnisse aus den drei Anlieger-Veranstaltungen diskutieren. Dann soll die Abstimmung im Rat im Juli erfolgen. CDU und FDP hatten bereits zugesagt, keine Straße gegen den Willen der Anwohner umzubenennen. Eine entsprechende Zusage der SPD nahm Ratsfrau Ursula Burdiek am Dienstagabend allerdings zurück. Die Fraktion habe sich noch keine abschließende Meinung dazu gebildet, sagte sie.