Oldenburg „Warum geht sie nicht einfach weg, sondern hält die Schläge weiter aus?“ und „Wieso geschieht so etwas überhaupt?“ – damit kennt sich Gisela Stockem, Leiterin der „Biss“-Beratungs- und Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt, aus. Seit März 2006 ist es Stockem gelungen, eine gut vernetzte Fachberatungsstelle aufzubauen.
Seit der Gründung hat die Stelle rund 4500 Fälle von häuslicher Gewalt betreut, 4200 waren Frauen und Mädchen. Fast immer sind die Täter männlich. Leidtragende sind auch die Kinder der betroffenen Frauen. Gisela Stockem schätzt die Zahl dieser „Mit-Opfer“ auf 5250.
Das Konzept ist anders als bei den meisten Beratungsstellen: Stockem geht „pro-aktiv“ auf die Betroffenen zu. Durch einen Kooperationsvertrag mit der Polizei erfährt sie über Anzeigen von Fällen, bei denen es um häusliche Gewalt geht und nimmt Kontakt zu den Opfern auf. „Nur sehr selten lehnt jemand das Angebot ab“, so Stockem.
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Der „pro-aktive“ Ansatz war jedoch zuerst umstritten: Die Trägerschaft sollte vom Autonomen Frauenhaus übernommen werden, das aber nicht mit dem Konzept einverstanden war. Die Nähe zur Polizei und die Weitergabe von persönlichen Daten war dem jetzigen Träger damals noch ein Dorn im Auge. „Man sprach von Zwangsberatung“, sagte Anja Kröber, Leiterin des Frauenhauses in Oldenburg, der NWZ . „Der Ansatz hat sich aber bewährt und wir sind sehr glücklich darüber.“
Aufgrund der großen Nachfrage bemängelt Gisela Stockem die geringe Stundenkapazität, die sie vom Land Niedersachsen zur Verfügung gestellt bekommt. In ihren 20 Arbeitsstunden pro Woche könne sie nicht jeden Fall so intensiv betreuen, wie es nötig wäre. „Wir haben doppelt so viele Fälle, aber nicht doppelt so viele Stunden“, so Stockem.
Für gewaltbetroffene Migrantinnen und weibliche Flüchtlinge wurde die Beratungsstelle „Olena“ eingerichtet, die speziell über Rechte und Schutz in Deutschland aufklärt. Thea Maglakelidze leitet die Stelle seit zwei Jahren. Sie besucht gezielt Flüchtlingsunterkünfte, um dort geflüchtete – oft traumatisierte – Frauen zu unterstützen.
Die Beratungsstellen am Stau 73 bieten offene Sprechstunden an. Gisela Stockem ist unter Tel. 2353798 zu erreichen, „Olena“ unter Tel. 2353490.