Oldenburg An die Kinderärztin Dr. Gertrud Reyersbach erinnert seit ein paar Tagen eine Tafel am Haus Roggemann-straße 1. Die jüdische Medizinerin war zu ihrer Zeit eine der erfolgreichsten Kinderärztinnen in Boston, wo sie am 2. April 1999 im Alter von 91 Jahren verstorben ist. Geboren wurde sie allerdings am 28. Juli 1907 in Oldenburg als Tochter einer angesehenen Familie aus dem gehobenen Bürgertum. Ihren Eltern gehörte eine Fabrik für Fahrräder und Musikinstrumente am Damm. Über die Eingangsstufen des Hauses an der Roggemann-straße 1 tobte sie oft als Kind mit ihrer englischen Nanny, denn dieses stattliche Eckgebäude war ihr Elternhaus.
Nur wenige Frauen entschieden sich in jener Zeit, Medizin zu studieren, doch Gertrud Reyersbach gehörte dazu und legte ihre Examina mit „sehr gut“ ab. Promoviert wurde sie an der Universität Göttingen – Spezialgebiet: Endokrinologie und rheumatische Erkrankungen. Dennoch durfte sie in Deutschland nicht als Ärztin praktizieren, da die Nationalsozialisten Juden bereits ab Juni 1935 eine Zulassung verweigerten.
Mit ihrer Promotionsurkunde und einem Pass (ausgestellt von der Stadt Oldenburg) in der Tasche emigrierte Dr. Gertrud Reyersbach nach England und später weiter in die USA, wo sie in Boston Karriere machte.
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Dass das Leben dieser engagierten Kinderärztin auch in Oldenburg heute nicht im Dunkel der Vergangenheit verschwunden ist, ist den Medizinern Dr. Ulrike Wendt und Dr. Volker Wendt zu verdanken, die einen Beitrag über sie in der Fachpublikation „pädiatrie hautnah“ veröffentlichen. Am 31. Oktober 2015 erschien erstmals in der NWZ eine biografische Skizze über die Medizinerin. Daraufhin bildete sich eine kleine Arbeitsgruppe, die sich zum Ziel setzte, dass Gertrud Reyersbachs Name in der Stadt nicht länger vergessen sein sollte.
Die Ehrung durch einen Straßennamen schied aus, da bereits die Franz-Reyersbach-Straße an ihren Onkel und den Geschäftspartner ihres Vaters erinnert. Die Enthüllung des Straßennamens am 10. Mai 1985 nahm Gertrud Reyersbach jedoch zum Anlass, ihre Geburtsstadt noch einmal zu besuchen.
Auch die Oldenburgische Landschaft unterstützte das Vorhaben, an Dr. Gertrud Reyersbach zu erinnern. Die heutigen Eigentümer des Hauses stimmten ebenfalls zu. Und so wurde jetzt die Tafel im Eingangsbereich des Gebäudes an der Roggemannstraße enthüllt.
Zuvor stellte Dr. Ulrike Wendt in einem kleinen Vortrag geladenen Gästen im Haus der Landschaft die Vita der Kinderärztin vor.