Oldenburg - Bereits eine halbe Stunde vor Konzertbeginn wird es eng in der Halle der Kulturetage. Ein wenig Aufregung ist spürbar. Vorne, mitten auf der Bühne, steht eine weiße Leinwand. Zwar spricht vieles für ein normales Konzert, doch ein prominenter Künstler ist diesmal nicht eingeladen. Beim Rudelsingen ist das Publikum der Star.
Grundidee dieses Konzepts ist, dass sich Hunderte von Menschen an einem Abend zusammenfinden und gemeinsam singen. Von der Leinwand ist der Text für alle ablesbar. Nichts Neues in Oldenburg, denn am Dienstag findet das Rudelsingen bereits zum 39. Mal statt. Was einst als kleine Veranstaltung begann, hat sich längst zum etablierten Event entwickelt.
Profis bauen das musikalischen Gerüst
Der Spontan-Chor ist dabei nicht allein. Begleitet wird er von David Rauterberg, einem ausgebildeten Sänger, und Philip Ritter, der in mehreren Bands spielt. Während die beiden Profis das musikalische Gerüst bauen, singen die Laien alles, was die Pop- und Schlagergeschichte hergibt: Klassiker und aktuelle Hits, Deutsches und Englisches. Was mit „Die kleine Kneipe“ beginnt, erstreckte sich über Elvis Presley, Simon and Garfunkel bis hin zu Mark Forster. Der Abend vereint sowohl Musikkultur als auch Menschen über Generationen hinweg.
Die beiden Frontmänner moderieren jeden Song an. Zudem sorgen sie für ein einheizendes Warm-up: erst durch Schunkeln, dann durch Kniebeugen – und später tanzte die Menge ganz von selbst. Auf diese Weise werden bei Gilbert O’Sullivans „Get Down“ nicht nur die Stimmbänder gelockert, es wird ebenso die Anspannungen aus dem Körper verbannt.
Auch Möchtegern-Sänger haben ihren Spaß
Neben altbekannten Gesichtern finden sich viele Neulinge im Sangesrudel. Gesangstalente treffen dabei auf diejenigen, die beim beliebten Videospiel „Singstar“ das Prädikat „Möchtegern“ verdienen würden. Aber das spielt hier keine Rolle. Denn es geht darum, vereint drauf los zu grölen und Spaß zu haben.
„Man muss nicht singen können und wird trotzdem mit in den Bann gezogen“, erklärt Dana Gärtner die Faszination. Verwandte haben ihr vom Rudelsingen erzählt. „Nachdem ich davon hörte, wollte ich es unbedingt selbst ausprobieren und habe meinen Begleitungen zu Weihnachten Karten geschenkt.“ Obwohl ihre Schwägerin Christina Gärtner damit eigentlich „keine andere Wahl hatte“, ist auch sie begeistert von der Vielfalt der Lieder und der lockeren Atmosphäre.
In der Masse kann man unentdeckt in die Liedtexte eintauchen
Manche Frauen mussten ihre Männer – oder umgekehrt die Männer ihre Frauen – zwar erst zur Teilnahme überreden, gelohnt hat es sich jedoch eindeutig für alle. Denn wer sich sonst beim Singen unter der Dusche versteckt, der hat beim Rudelsingen die Möglichkeit, in der Masse unentdeckt zu bleiben und trotzdem in die Liedtexte einzutauchen.
Das nächste Rudelsingen findet am 15. März statt, dann allerdings „op Platt“. Wer lieber Hochdeutsch und Englisch singt, hat am 4. April wieder die Möglichkeit. Karten gibt es bei der Kulturetage oder im Internet.