Eversten Den kleinen Karl-Heinz sollten sie auch noch mitnehmen. Lust dazu hatten Christa, Inge und ihre Zwillingsschwester Margrit überhaupt nicht. Die drei Everster Mädels wollten lieber ohne den Bruder zur Tonkuhle. Die elterliche Anordnung befolgten sie dann aber doch. Karl-Heinz wurde mitgeschleppt. Und das Spiel am Teich machte letztlich allen Spaß. Das war an einem heißen Juli-Tag 1955. Ein Beweisfoto davon existiert heute noch. Und jetzt kann es jeder sehen.
Denn es ziert die Plakate, Flyer und Programmhefte des Projektes „Eversten macht Geschichte“. Es ist das zweite Stadtteilprojekt, das der Verein Werkstattfilm initiiert hat. „Raus aus dem hochglänzenden Zentrum etablierter und gehobener Kulturarbeit im Innenstadtring Oldenburgs, hinein in die Stadtteile“, fasst der Vereinsvorsitzende Farschid Ali Zahedi die Absicht zusammen. Nach dem „Fernen Land Osternburg“ im vergangenen Jahr ist man nun in den Stadtwesten gezogen. Wieder ging es darum, die Geschichte aus der Perspektive der Bevölkerung darzustellen und sie kreativ öffentlich zu präsentieren.
„Die Beteiligung war enorm“, sagt Sigrid Osterloh vom Werkstattfilm-Team. Kofferweise hätten Everster alte Fotos zu den monatlichen Treffen in die Gaststätte Hellwege gebracht. Das zeige einmal mehr, wie groß das Bedürfnis sei, sich mit der Geschichte des eigenen Wirkungskreises und mit der eigenen Biografie auszueinanderzusetzen. „Es war irre“, freut sich Zahedi, kritisiert jedoch den Bürgerverein Eversten: „Ich bin enttäuscht. Vom Bürgerverein haben wir keine Rückmeldung bekommen.“
Wieder im Kontakt
Mancher Everster erfuhr erst durch das Projekt, wo das Bild aus dem Familienalbum geknipst worden war. „Es lebten durch diese Treffen auch alte Kontakte wieder auf“, weiß Sigrid Osterloh. Arbeitsgruppen taten sich zusammen, in denen es zum Beispiel um Themen wie Zeitzeugen, Kindheit in Eversten, Landwirtschaft, das Everstenmoor oder das Eversten Holz ging. „Das spiegelt sich nun auch im Programm der Projektwoche wider“, so Osterloh.
Nach über einem halben Jahr Arbeit sind der Stadtteil Eversten und seine Geschichte nun visuell bearbeitet und dargestellt. 40 000 Euro kostet laut Farschid Ali Zahedi das Eversten-Projekt insgesamt. Mehrere Stiftungen, das Land und die Stadt würden es unterstützen. Zahedi: „Das ist doch eine gute Investition für die Zukunft, denn allein 2000 weitere Bilder sind damit zum Oldenburger Medienarchiv dazugekommen.“
Fotos in Straßengalerie
Die Veröffentlichung eines Buches über Eversten ist fürs nächste Jahr geplant. Der Film „Ein altes Dorf mitten in der Stadt“ feiert aber schon am Dienstag, 24. September, 19 Uhr, Premiere im Lokal Hellwege, Hauptstraße 58. Der Termin ist nur einer von 18 Veranstaltungen während der Projektwoche (22. bis 29. September). Rundgänge, Vorträge und drei Ausstellungen gehören dazu. „Historische Fotos sind an 30 Orten der Straßengalerie, vornehmlich an der Hauptstraße, zu sehen“, sagt Michael Lürßen vom Orga-Team. Programmhefte liegen zum Beispiel bei Werkstattfilm, Wallstraße 24, aus. Sie wurden auch schon verteilt.
Und da hat Inge Stutz (geb. Lackemannen) sich wiederentdeckt. Auf dem Titelbild. Das Foto von ihr und ihren Geschwistern hatte damals Nachbarssohn August aufgenommen. Den hat sie dann später geheiratet. Seit 2011 ist die Eversterin Witwe. Die vielen Fotos ihres Mannes hat die 76-Jährige für das Stadtteilprojekt zur Verfügung gesellt. Und so wird ein Stück Everster Geschichte lebendig.
Mehr Infos unter www.werkstattfilm.de