Ostfriesland - Leserbriefe, heute meist Emails oder Messenger-Nachrichten, sind für mich mehr als die Meinungen von Fans. Es geht nicht nur um Autogrammkarten oder Meinungen zum neuen Roman. Immer wieder schütten mir Leserinnen und Leser ihr Herz aus. Manchmal erreichen mich zehn, zwölf handgeschriebene Seiten. Fotos und Zeitungsausschnitte. Fotokopierte Tagebücher oder Gerichtsakten. Mir schreiben auch Menschen, die sich schlecht behandelt fühlen. Sie wünschen sich eine Kommissarin Ann Kathrin Klaasen in ihrem Leben, die für Gerechtigkeit sorgt.

Die vielen Leserbriefe zeugen nicht nur von dem großen Vertrauen, das mir entgegengebracht wird. Sie sind für mich auch Seismographen vom Zustand des Landes.

Da ist im Moment eine große Verunsicherung, ein erschütternder Vertrauensverlust spürbar. In den letzten Tagen habe ich viel Post von Ostfriesen erhalten, speziell aus Norden und Umgebung. Die Menschen fühlen sich verschaukelt. Sie fürchten, ihr Krankenhaus zu verlieren und die Notversorgung.

Wenn ich im Café sitze oder spazieren gehe, werde ich auf der Straße angesprochen: „Was, wenn mein Vater nach 18 Uhr einen Herzinfarkt bekommt?“, fragte mich eine junge Frau beim Einkaufen in der Schlange an der Kasse.

Hinter ihr rief jemand: „Darum soll sich Ihre Kommissarin mal kümmern.“ Ein anderer fügte grinsend hinzu: „Das ist inzwischen wohl mehr ein Fall für Dr. Bernhard Sommerfeldt.“

Wenn friedliche Bürger so weit sind, dass sie – wenn auch im Scherz – einen erfundenen Serienkiller um Hilfe bitten, dann ist es weit gekommen.

Ich selbst habe in der Ubbo-Emmius-Klinik nur gute Erfahrungen gemacht. Man hat sich dort rührend um meine kranke Mutter gekümmert. In meinen Romanen spielt die Klinik eine wichtige Rolle und wir haben bei den Verfilmungen dort auch schon mehrfach gedreht.

Das Gefühl, unser Krankenhaus solle gegen die Wand gefahren werden, schlich sich bei mir ein, als ich vom Kreis einen Bauplatz in der Nähe des Krankenhauses für den Bau des Hospiz am Meer erbat. Mein Eindruck war: Eine Aufwertung des Krankenhauses sollte um jeden Preis verhindert werden.

Inzwischen steht das Hospiz in Hage.

„Wäre das ein Ostfriesenkrimi von Ihnen Herr Wolf, würden am Ende Handschellen klicken“, schrieb ein Leser aus Marienhafe.

Ich bin mir nicht sicher, wie mein Verlag reagiert hätte, wenn ich mit dieser unglaubwürdigen Story angekommen wäre.

Ein funktionierendes Krankenhaus wird samt Grundversorgung geerdet. Da hängen für eine Romanhandlung zu viele lose Erzählfäden herum. Das liest sich nicht schlüssig. Ann Kathrin würde nach den Motiven suchen, um die Täter dann zur Verantwortung zu ziehen.