Ostfriesland - Es ist schon komisch, erst jagt man dem Erfolg hinterher, dann wird man von ihm gejagt.

Jahrzehntelang habe ich geschrieben, auf langen Reisen aus meinen Büchern vorgelesen und wusste oft nicht, woher das Geld für die Miete kommen sollte oder die nächste Reise.

Aufgeben war nie eine Option für mich. Ich hatte mich für ein Schriftstellerleben entschieden. Notfalls in Armut.

Zäh machte ich weiter. Wenn ich in meinen Geschichten versank, ging es mir gut. Ich schottete mich darin ab gegen die banalen Boshaftigkeiten der Welt. Gegen unbezahlte Rechnungen, Mahnungen und Pfändungen.

Ja ich habe den Pfändungsbeamten geduzt. Es war ein sympathischer Mann und wir haben uns oft gesehen. Er bekam von mir zwar selten Bargeld, aber häufig gute Buchtipps. Er wusste sie zu schätzen.

Später sagte er, ich hätte erst einen Leser aus ihm gemacht. Er guckte dabei fast ein bisschen dankbar.

Heute läuft es besser bei mir. Viele Millionen verkaufter Bücher haben aus mir einen unabhängigen Mann gemacht. Aber eben auch eine öffentliche Figur. Manchmal genieße ich den Trubel sehr.

Buch- und Filmpremieren haben auch etwas Rauschhaftes, vielleicht gar Süchtigmachendes, an sich. Dieses großartige, flirrende Gefühl, mit dem Publikum zu schwingen, lässt nicht nur mich, sondern viele Künstler Krankheiten, Hunger oder Sorgen vergessen.

Aber dann muss ich auch wieder runterkommen, will nicht länger Mittelpunkt sein, sondern mich wieder erden, um zu mir und meinen literarischen Figuren zurückzufinden.

Wenn ich spüre, dass die äußere Fülle eine innere Leere mit sich bringt, dann folge ich dem Rat meines ostfriesischen Onkels. So viel durfte ich von Onkel Warfsmann lernen! Ich bin ihm wirklich dankbar.

Er sagte: „Wenn die Batterie leer ist, gibt sie keine Energie mehr ab. Dann braucht sie welche. Lade dich in der Natur auf. Je näher am Meer umso besser.“

Oft habe ich mit ihm am Deich gesessen, wahrlich nicht nur bei Sonnenschein. Er mochte den Regen und reckte ihm gern das Gesicht entgegen.

Ich tat es ihm schon als Kind gleich, denn ich wollte seinen Zustand der Zufriedenheit erreichen. Er hatte Recht, am Meer gelingt es am besten. Wenn er Meer sagte, meinte er natürlich seine geliebte Nordsee.

Heute, mitten im größten Trubel, den ich von Herzen genieße, weiß ich: bald schon werde ich einsam in Norddeich an der Wasserkante sitzen und nur ein- und ausatmen. Es darf regnen oder stürmen. Ich werde einfach nur dasitzen und die Batterien wieder aufladen. Mit Meerluft.