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Gesellschaft Küste gemeinsam schützen


Leena Karrasch auf dem Bohlenweg im renaturierten Langwarder Groden.
Uni Oldenburg

Leena Karrasch auf dem Bohlenweg im renaturierten Langwarder Groden.

Uni Oldenburg

Oldenburg - Wie können wir an der deutschen Nordseeküste gut mit den Auswirkungen des Klimawandels leben? Um Lösungsansätze zu erarbeiten, bringt Dr. Leena Karrasch von der Uni Oldenburg alle Akteure an einen Tisch.

„Gleich am Anfang jedes Projekts bringen wir alle Beteiligten, wie zum Beispiel Politiker, Landwirte, Touristiker, Naturschützer und Raumplaner zusammen, damit jeder die Wünsche und Bedenken der anderen kennenlernt. Wenn man sich gegenseitig versteht, ist es leichter, gemeinsam Lösungen zu entwickeln“, sagt die 37-Jährige. „Wir suchen immer nach positiven Kompromissen, mit denen möglichst alle gut leben können.“

Das erinnert manches Mal an die Quadratur des Kreises, wenn Naturschützer einen Lebensraum für möglichst viele Tier- und Pflanzenarten erhalten oder schaffen möchten, Landwirte aufgrund geringer Gewinnmargen einen möglichst hohen Ertrag erwirtschaften müssen und Touristiker vor allem den Erholungswert im Auge haben.

Erfolgreiche Arbeit

Dass jede Disziplin ihre eigene Fachsprache mitbringt, macht es nicht leichter. Wenn von Biodiversitätshabitatsmodellierung oder Governance die Rede ist, kann die Forscherin „übersetzen“: „Grob gesagt geht es beim ersten Begriff darum abzuschätzen, welche Arten in einem Lebensraum vorkommen können, beim zweiten darum, wer Entscheidungen trifft, wo Ideen entstehen, wer sie verwirklicht und deshalb einbezogen werden muss.“

Aber die verschiedenen Perspektiven haben auch ihren Reiz: „Es macht mir unheimlich viel Spaß, die unterschiedlichen Positionen kennenzulernen und gemeinsam zu erarbeiten, wie wir gut und nachhaltig leben können“, so Leena Karrasch. Gelungen ist das zum Beispiel in dem Projekt COMTESS. Die gebürtige Wilhelmshavenerin hat daran im Rahmen ihrer Masterarbeit im Studiengang „Water and Coastal Managment“ der Unis Groningen und Oldenburg und ihrer anschließenden Promotion mitgearbeitet.

Sie hat mit allen Beteiligten vor Ort eine Strategie für eine klimasichere Landnutzung in der Gemeinde Krummhörn entwickelt. Teile davon wurden direkt in das Raumordnungsprogramm des Landkreises einbezogen.

Der Kompromiss sieht unter anderem zusätzliche Polder vor, also Flächen, die bei Starkregen geflutet werden können, und als zusätzlichen Wasserspeicher für Trockenperioden das „Freepsumer Meer“. Waren die Landwirte wirklich mit der Schaffung neuer Polder einverstanden? „Flächen, die als Polder infrage kommen, liegen meist tief, oft unter dem Meeresspiegel, und sind deshalb sowieso sehr feucht. Sie können häufig nur extensiv als Weide genutzt werden. Das trockengelegte „Freepsumer Meer“ gehört zu großen Teilen der Gemeinde. Das erleichtert eine mögliche Nutzungsänderung“, erklärt Leena Karrasch.

Lösungen in der Heimat

Für sie war schon im Studium klar, dass sie sich um Probleme in ihrer Heimat und nicht in der Ferne kümmern möchte: „Ich fühle mich hier in der Region verankert. Ich liebe die Nordsee und das Wattenmeer, Spaziergänge an der Küste, bei denen mir der Wind um die Ohren pfeift und manchmal auch der Regen ins Gesicht peitscht. Ich mag auch die Menschen hier, ihre Mentalität, ihren Eigensinn. Und die Probleme und der Handlungsbedarf sind hier genau so groß wie an anderen Küsten.“

Entscheidend ist für sie auch der Austausch zwischen Wissenschaftlern und Praktikern. „Es gibt fast nichts Schlimmeres, als wenn wir uns an der Uni tolle Strategien ausdenken, die aber niemand umsetzen will. Das ist anders, wenn die Leute in der Region die Strategien mit erarbeiten. Ganz abgesehen davon, dass wir auch das Wissen der Menschen vor Ort brauchen. Landwirte können mir zum Beispiel erklären, warum sie eine bestimmte Gras- oder Maissorte anbauen.“

Werden wir es denn schaffen mit den Folgen des Klimawandels fertig zu werden? „Ich glaube schon. Ich denke, dass wir uns anpassen können. Ein großer Vorteil ist, dass wir jetzt schon erarbeiten, wie es in Zukunft aussehen kann. Dass wir Möglichkeiten und Gedankenspiele durchgehen, die heute vielleicht noch total abgefahren erscheinen, morgen aber schon normal sein können. Es ist gut, dass wir diese Zukunftsstrategien jetzt erarbeiten, denn es dauert gefühlt eine halbe Ewigkeit bis etwa ein neuer Landnutzungsplan in Kraft tritt“, so die zweifache Mutter.

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