Oldenburg
„Coming Out ist …“ – diesen Satz wird wohl jede lesbische, schwule, bisexuelle oder transsexuelle Person für sich anders beantworten. Sich offen zu seiner sexuellen und geschlechtlichen Identität bekennen zu können, ist für viele Menschen heutzutage fast zur Normalität geworden. Aber eben nur fast. „Es gibt noch viel zu tun, unsere politischen Forderungen stehen nach wie vor“, sagt Andreas Gerbrand, der Vorsitzende des Vereins CSD Nordwest. „Coming Out ist …“ lautet auch das Motto des Christopher Street Day in Oldenburg, der am Samstag, 18. Juni, in der Stadt gefeiert werden soll.
Laut und sichtbar
Die politische Demonstration und Kulturveranstaltung für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transidenten, intergeschlechtlichen und queeren (kurz: LSBTIQ*) Menschen findet in Oldenburg zum 28. Mal statt. Nach einer Mahnwache in 2020 und einer kleineren Demonstration in 2021 soll der CSD in diesem Jahr wieder größer und sichtbarer werden. „Es ist also ein ,Coming Out’ im doppelten Sinne“, sagt Gerbrand. Man wolle wieder auf die Straße gehen, laut sein und sich zeigen – und das ohne pandemiebedingte Auflagen.
12. Juni: Im Rahmen des „Pride Month“ wird in der Lambertikirche ab 10 Uhr der CSD-Gottesdienst abgehalten.
17. Juni: Weil bis vor kurzem nicht abgeschätzt werden konnte, unter welchen Auflagen der CSD Nordwest stattfinden kann, fällt die „Nacht der kleinen Künste“ am Vorabend des CSD aus. Stattdessen findet am Freitag ab 19 Uhr der „CSD Warm Up“ auf dem Schlossplatz statt. Auf der Bühne gibt es erste Redebeiträge und Live Acts, wie zum Beispiel von Autorin, Slam-Poetin und Kabarettistin Annika Blanke.
18. Juni:
Um 11 Uhr beginnt das Programm auf dem Schlossplatz mit Redebeiträgen, Musik von DJ Olafson und Infoständen auf der „Pride Mile“.
Die Demonstration startet um 13 Uhr. Die Route führt vom Schlossplatz über Huntestraße, Staugraben, Am Stadtmuseum, Pferdemarkt, Am Stadtmuseum, Staulinie, Heiligengeistwall, Theaterwall, Kasinoplatz zurück zum Schlossplatz.
Dort starten um 15 Uhr die Abschlusskundgebung und das Kulturfest. Als besondere Highlights in diesem Jahr sind live auf der Bühne der Singer-Songwriter Maksim Reimer, Esther Filly und der Musikkabarettist und Komponist Holger Edmaier, sowie Lili Sommerfeld zu sehen.
Am Abend starten die offizielle CSD-Abschlussparty „Night of The Pride“ in der Umbaubar um 22 Uhr und die vom Verein Na Und – Queeres Leben in Oldenburg veranstaltete Männerfabrik im Alhambra ab 21 Uhr.
Die CSD-Filmrolle der Kinogruppe RollenWechsel mit der Lesung „Ich bin ein Kind der kleinen Mehrheit“ von Gianni Jovanovic findet bereits am 10. Juni ab 19.30 Uhr statt. Im Cine k werden außerdem die Filme „Carmen und Lola“ (13. Juni, 20 Uhr) und „Mascarpone“ (25. Juni, 20 Uhr) gezeigt.
„An vielen Stellen setzen wir uns in Oldenburg für Diversität, Toleranz und eine offene Gesellschaft ein. Der CSD Nordwest ist seit fast drei Jahrzehnten eines der sichtbarsten und buntesten Zeichen dafür und hat unsere vollste Unterstützung“, sagt Oberbürgermeister Jürgen Krogmann.
Politische Forderungen
Bisher haben sich bereits 19 Gruppen für die Demonstration am 18. Juni angemeldet und es kommen noch weitere hinzu. Eine wichtige Neuerung gibt es in diesem Jahr: Die Veranstalter haben sich dazu entschieden, das zulässige Gesamtgewicht von Fahrzeugen bei der Demonstration auf 3,5 Tonnen zu begrenzen. Das habe mehrere Gründe: Klimaschutz, die Betonung des politischen Charakters der Demo sowie die Sicherheit bei einer steigenden Anzahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Nicht immer seien die gesellschaftlichen Gegebenheiten einfach. Die aktuelle Situation ist geprägt von den Auswirkungen der Pandemie und dem Ukraine-Krieg, der Europa in Atem hält.
„Wir wollen uns trotzdem und gerade deshalb mit einem bunten und lautstarken CSD für unsere Ziele einsetzen. Dazu gehört insbesondere die Ergänzung des Artikels 3 im Grundgesetz um das Merkmal der sexuellen und geschlechtlichen Identität und ein vollumfänglicher Zugang zum Adoptionsverfahren“, erklärt Gerbrand.
Persönliche Geschichten
Da das Coming Out, also das bewusste Öffentlichmachen der sexuellen oder geschlechtlichen Identität, für jeden LSBTIQ*-Menschen sehr persönlich und individuell ist, möchte der Verein eine Kampagne in den Sozialen Medien starten. Unter dem Hashtag #meincomingoutist können Menschen ihre eigene Geschichte erzählen. In den kommenden Tagen werden im Stadtgebiet zudem zahlreiche CSD-Plakate mit unterschiedlichen Botschaften aufgehängt, die zum Nachdenken anregen sollen. „Coming Out ist ein Menschenrecht!“, „Coming Out ist lebensgefährlich?“ oder „Coming Out ist das Karriere-Ende?“ steht etwa darauf. Auch während der Veranstaltungen sollen persönliche Aussagen dazu gesammelt werden. Große Banner und Plakate, die beschriftet werden können, sollen dafür bereitgestellt werden.
„Der CSD ist geprägt von Menschen, die auf die Straße gehen und mit Flaggen und Transparenten ihren Standpunkt zum Ausdruck bringen. Wir wünschen uns viele persönliche Statements“, sagt Gerbrand.
Mehr Infos unter
www.csd-nordwest.de