Berlin Lange war es äußerst still um Finanzminister Olaf Scholz. Am Wochenende meldete sich der Vize-Kanzler und stellvertretende SPD-Chef aus der Sommerpause zurück. Der Solidaritätszuschlag soll weitgehend fallen. Ab 2021 soll der Solidaritätszuschlag für 90 Prozent der Beschäftigten fallen. So steht es bereits im Koalitionsvertrag. 6,5 Prozent der Besserverdiener – für Singles gilt ein Brutto-Jahreseinkommen von 74 000 Euro – würden ebenfalls schrittweise entlastet. Nur die 3,5 Prozent der Spitzenverdiener ab 110 000 Euro brutto im Jahr müssten den Soli weiterhin zahlen.
So steht es in einem Gesetzentwurf, den Scholz den Kabinettskollegen zukommen ließ. Die Reaktionen fallen erwartbar aus. Der SPD-Politiker Johannes Kahrs betrachtet Scholz‘ Vorschlag für sozial ausgewogen. „Verfassungswidrig“ hält hingegen FDP-Vize Wolfgang Kubicki die Initiative und fordert mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz, den Soli für alle zu streichen. Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak beharrt auf der vollen Abschaffung der Abgabe. Das entspricht den bekannten Positionen. Interessanter sind die Zwischentöne. Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) ruft zwar ebenfalls nach dem vollständigen Soli-Aus. Er stellt aber auch fest: „Es ist gut, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz jetzt den Koalitionsvertrag umsetzt.“ Auch CDU-Haushälter Eckhardt Rehberg zeigt sich lösungsorientiert. „Der Gesetzentwurf ist eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen. Wir müssen aber schon jetzt aus verfassungsrechtlichen Gründen klären, wie wir für die verbliebenen zehn Prozent den Soli vollständig abbauen. Ich schlage vor: Den vollständigen Abbau schrittweise auf vier oder fünf Jahre zu strecken“, sagt er unser Redaktion. Lob und Kompromissbereitschaft unter den Bündnispartnern von Union und SPD – das hat es lange nicht gegeben. Scholz geht mit Blick auf die Entlastungen für die 6,5 Prozent der Besserverdiener sogar über die Vereinbarung im Koalitionsvertrag hinaus. Das Signal kurz vor dem Ende der Sommerpause ist klar: Die Groko ist handlungsfähig. Das ist wichtig mit Blick auf den Streit um die Grundrente und die Debatten über den Klimaplan der Bundesregierung, der am 20. September verabschiedet werden soll. Am Sonntag schaltete sich CDU-Chefin und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in die Debatte ein. In einem Gastbeitrag für die „Welt am Sonntag“ fordert sie eine „grüne Null“ und erklärt: „Wir haben nicht zu wenig Steuern, wir haben zu wenig Steuerung.“ Und: „Vor weiteren Belastungen muss eine Entlastungsoffensive gestartet werden.“ Kramp-Karrenbauer nennt als Bestandteile einer grünen Steuerreform eine Abwrackprämie für Ölheizungen, aber auch eine Streichung der EEG-Umlage. „Der Grundsatz der Nachhaltigkeit muss Grundregel allen politischen Handelns werden“, so Kramp-Karrenbauer. Nach der CSU startet auch die CDU eine grüne Offensive. Hitze, Trockenheit, Waldsterben – das Klima treibt viele um und den Grünen in Umfragen die Wähler zu. Schon ruft Grünen-Vordenker Daniel Cohn-Bendit Grünen-Ko-Chef Robert Habeck zum Kanzlerkandidaten aus. „Für mich ist Robert Habeck ganz klar die Person, die als erster grüner Bundeskanzler in die Geschichte eingehen kann“, so Cohn-Bendit.