Hannover In ungewöhnlich scharfer Form kritisiert der frühere Bundesverfassungsrichter aus Niedersachsen, Ernst Gottfried Mahrenholz (85), die geplante Umbenennung des Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platzes in Hannover. Wegen angeblicher Verstrickungen des ersten niedersächsischen Ministerpräsidenten Kopf (SPD) in der NS-Zeit soll nach einer parteienübergreifenden Entscheidung der Bereich vor dem Landtag künftig Hannah-Arendt-Platz heißen. Es gebe nichts, was man dem verstorbenen Sozialdemokraten Kopf vorwerfen könne, kritisiert Mahrenholz. „Hinrich Wilhelm Kopf hat keine unehrenhaften Handlungen begangen“, betont der Ex-SPD-Kultusminister im Interview mit der NWZ .
Tatsächlich sei Kopf in der NS-Zeit für die Verwaltung und Verwertung von jüdischem und polnischem Eigentum in der Stadt Königshütte verantwortlich gewesen, erläutert Mahrenholz, der nach dem Zweiten Weltkrieg als Kopfs Persönlicher Referent arbeitete. „Kopf hat Juden Schutz gewährt“, ergänzt Mahrenholz. Jüdische Bürger hätten sich sogar bei Kopf bedankt und ein Geistlicher sein Wirken gelobt. Mahrenholz: „Kopf erscheint als ein Mann mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. So habe ich ihn selbst erlebt in unserer Zusammenarbeit.“
Äußerst kritisch bewertet der Sozialdemokrat auch das Verhalten seiner Partei. So habe die SPD-Fraktion „keine ausführliche Debatte über das Pro und Kontra von Kopfs Tätigkeit abgehalten“. Und dass Kopf vor dem Landtag seine Tätigkeit abgeschwächt habe, begründet Mahrenholz mit dem damals drohenden Todesurteil in Polen.
Ein vernichtendes Urteil fällt der Ex-Richter über die historische Arbeit zu Kopf, die als Dissertation vor Monaten vorgelegt wurde. Diese gehe von „Vermutungen und Unterstellungen aus“ und genüge nicht den wissenschaftlichen Kriterien, klagt der Honorarprofessor.