FRIESLAND - Die Landesregierung in Hannover forciert ihre Bemühungen um eine Gebietsreform – und setzt dabei auch den Landkreis Friesland unter Druck. Einer vom Innenministerium in Auftrag gegebenen Studie zufolge steht der Landkreis auf der Kippe, Fusionen mit Wittmund, Wilhelmshaven oder gar der Wesermarsch sind im Gespräch.

Ob der Gutachter sich bei seiner Arbeit auch intensiv mit den Gegebenheiten vor Ort auseinandergesetzt hat, bleibt indes fraglich. Innenminister Schünemann selbst ist kürzlich mit seiner Polizeireform gescheitert, die neu geschmiedete Inspektion Wilhelmshaven-Friesland-Wittmund musste aufgrund regionaler Befindlichkeiten wieder zerschlagen werden. Ein Zusammenschluss der Stadt Wilhelmshaven und des Landkreises Friesland würde allein schon an der Frage nach dem Verwaltungssitz scheitern.

Der von Friesland mit Erfolg eingeschlagene Weg, punktuell auf Kooperationen zu setzen, scheint da derzeit zielführender zu sein als eine Fusion ganzer Kommunen. Ein gutes Beispiel ist das Veterinäramt Jade-Weser, in dem Friesland, Wilhelmshaven, Wittmund und die Wesermarsch zusammenarbeiten.

Der Beweis, dass größere Verwaltungseinheiten wirtschaftlicher arbeiten, muss erst noch erbracht werden. Sicher ist dagegen, dass Zusammenlegungen von Städten und Kreisen auch und vor allem von den Bürgern akzeptiert werden müssen. Und davon ist man im Jade-Weser-Raum und besonders im Verhältnis von Wilhelmshaven und Friesland noch weit entfernt.

Zwischen Skepsis und Entrüstung schwankten am Donnerstag in Friesland die Reaktionen auf die von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) geforderte Gebietsreform.

Wie berichtet, steht der Landkreis in einer vom Innenministerium in Auftrag gegebenen Studie aufgrund seiner Strukturdaten auf der Liste der Fusionskandidaten. Wer sich nicht freiwillige zusammenschließt, soll in vier Jahren zu diesem Schritt gezwungen werden.

Für Frieslands Landrat Sven Ambrosy (SPD) kommt dieser „Kurswechsel“ überraschend. Dass das Land nun Druck machen will, habe er aus der Zeitung erfahren, sagte er am Donnerstag. Das habe keinen Stil. Ambrosy bemängelt, dass das Innenministerium nicht mit den betroffenen Kommunen gesprochen habe. „Das Ministerium hätte uns das Gutachten zumindest zeitgleich zur Verfügung stellen können“, sagte er. Details über die Beurteilung Frieslands musste er sich am Donnerstag im Internet suchen.

Auch der Chef der Landes-SPD und stellvertretende Landrat in Friesland, Olaf Lies, kritisierte scharf den Stil der Landesregierung. „Dass Landräte morgens von der Presse gefragt werden, wie sie zur Auflösung ihres Landkreises stehen, ohne dass sie die Gelegenheit hatten, das Gutachten zu studieren, ist schlicht unwürdig“, so der SPD-Landesvorsitzende aus Sande.

Er forderte Innenminister Uwe Schünemann dazu auf, bei der Debatte über die künftigen Kommunalstrukturen in Niedersachsen auf einen „Stil der Kooperation und Zusammenarbeit“ einzuschwenken und im Rahmen eines Forums zur Zukunft der Kommunen in Niedersachsen gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden und den im Landtag vertretenen Parteien über die Zukunft der Kommunalen Selbstverwaltung im Land zu beraten.

Unverständnis über Schünemanns Vorstoß gab es aber auch aus den Reihen der Friesländer CDU: Eine solche Reform müsse von unten nach oben und nicht umgekehrt umgesetzt werden, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete und Chef der Kreistagsfraktion in Friesland, Hans-Werner Kammer. Zudem bezeichnete auch er die Art, wie das Thema von Schünemann in die Öffentlichkeit gebracht wurde, als „nicht glücklich“.

„Eine Gebietsreform mit Zwang durchzusetzen, ist dämlich“, sagte der Kreistagsabgeordnete der Grünen, Uwe Burgenger, aus Schortens. Aus seiner Sicht ist Frieslands Weg der interkommunalen Kooperationen viel sinnvoller.

Ähnlich sieht das Schortens’ Bürgermeister Gerhard Böhling. Um Kosten zu sparen, seien Kooperationen sinnvoller als regionale Fusionen. Dass seine Stadt einmal in einem Großkreis liegen wird, könne er sich momentan nicht vorstellen.

Der Landkreis Friesland gilt als Motor einer ganzen Reihe von interkommunalen Kooperationen im Jade-Weser-Gebiet. Sie reichen vom Veterinäramt über die Musik- und Volkshochschule Friesland-Wittmund bis zum Abfallwirtschaftszentrum in Wiefels und zur Naturschutzstiftung Friesland-Wittmund-Wilhelmshaven. Jüngstes Projekt ist die Jade-Bay Wirtschaftsförderungsgesellschaft, an der die Landkreise Friesland, Wittmund und Wesermarsch sowie die Stadt Wilhelmshaven beteiligt sind.