Ganderkesee - Im Klassen raum sieht es fast aus wie in einem richtigen Wahllokal. Es gibt zwei Wahlkabinen, in die sich die Schülerinnen und Schüler bei der Stimmabgabe zurückziehen können. Der Stimmzettel ist lediglich etwas kleiner als das Original, das bei der Europawahl am Sonntag zum Einsatz kommt. Eine Wahlurne für die ausgefüllten Zettel steht ebenfalls bereit.
Die Stimmzettel, die die Schülerinnen und Schüler abgegeben haben, werden zwar bereits am Freitag ausgezählt. Doch das Ergebnis der Juniorwahl im Gymnasium wird erst bekanntgegeben, wenn am Sonntag, 26. Mai, die „echten“ Wahllokale geschlossen sind.
Die Ergebnisse aus Ganderkesee werden dann an das Internet-Portal der Juniorwahl weitergeleitet. 2760 Schulen in ganz Deutschland sowie deutsche Auslandsschulen in Europa nehmen daran teil.
Wie die Jugendlichen im Gymnasium gewählt haben, erfahren auch die Politiklehrer der Schule. „Wir wissen, wie bei uns gewählt wurde und können einen Vergleich anstellen zwischen der Juniorwahl und der echten Europawahl“, sagt Lehrer Christoph Bauer.
Zwar dürfen die meisten der rund 400 Schüler aus den Jahrgängen neun, zehn und elf noch nicht wählen. Durch die Juniorwahl in der Schule können sie ihre Entscheidung für eine Partei aber dennoch treffen. „Sie haben die Möglichkeit, die Wahl zu simulieren“, erläutert Politiklehrer Christoph Bauer. Im Unterricht haben sich die Jugendlichen mit dem Thema Europa beschäftigt. Der Politiklehrer besprach mit seiner zehnten Klasse unter anderem, wie es zur Gründung Europas gekommen ist. Auch die Arbeitsweise des Europaparlaments und aktuelle Themen wie der Brexit wurden behandelt. Darüber hinaus informierten sich die Schüler im Internet mit Hilfe des inzwischen eingestellten Wahl-O-Mats. Auch sei besprochen worden, für welche Themen sich die unterschiedlichen Parteien einsetzen. „Wir haben die Wahl im Unterricht vorbereitet“, sagt Bauer.
Viele der Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren sind politisch interessiert und begrüßen es, dass sie die Abläufe rund ums Wählen schon einmal ausprobieren können. „Ich finde es gut, denn normalerweise können wir noch nicht wählen“, sagt der 16-jährige Bennet. Der Schüler wäre dafür, wenn das Wahlalter auf 16 Jahre herabgesetzt würde. Weil er einen Auslandsaufenthalt in einer Schule in den USA plant, interessiert er sich besonders für die Politik der Vereinigten Staaten.
Ein Thema, das viele Jugendliche beschäftigt, ist der Klimaschutz. „Ich würde mich als umweltschutzinteressiert bezeichnen“, sagt die 16-jährige Amelie und verweist auf die „Fridays for Future“-Aktionen. Es sei verwunderlich, dass sich einige Parteien sehr und andere nicht dafür interessieren würden, meint der 15-jährige Jan. Ein weiteres Problem, über das sich die Staaten Europas seiner Meinung nach verständigen sollten, ist die Migration. Es gebe viele junge Menschen, die aus Afrika nach Europa flüchten würden. „Einige Länder nehmen sie auf, andere nicht“; beschreibt der Schüler das Problem.
Dass mehr Frauen in Führungspositionen arbeiten und trotzdem Kinder haben können, wünscht sich eine Schülerin. Die Inklusion sei ein weiteres wichtiges Thema. Auch wenn die Juniorwahl fast so abläuft wie die Europawahl, gibt es einen entscheidenden Unterschied: In der Schule machen fast alle Wahlberechtigten mit. „Wir haben eine Wahlbeteiligung, von der jeder Politiker auf EU-Ebene nur träumen kann“, sagt Politiklehrer Christoph Bauer.