Oldenburg - Geschichte wiederholt sich bekanntlich nicht. Aber wer Antworten auf aktuelle Fragen sucht, findet im Rückblick auf Vergangenes trotzdem wichtige Hinweise. Diese Erfahrung dürften viele Besucher nach der Podiumsdiskussion „Oldenburg 1945 und 2015“ teilen.
Es lag auf der Hand, dass die aktuelle Flüchtlingsdebatte bei dieser – mit langer Hand geplanten – Auftaktveranstaltung zur neuer Diskussionsreihe „Oldenburg und Europa“ im Vordergrund stehen würde. Auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE) saß mit Hans-Gert Pöttering ein leidenschaftlicher Europäer im Podium. Der frühere Präsident des Europäischen Parlaments (2007-2009) war, wie in persönlichen Worten geschildert, als Halbwaise aufgewachsen. Sieben Monate vor der Geburt des zweiten Sohnes am 15. September 1945 wurde der Vater bei Stettin als vermisst gemeldet. „Die Erfahrungen des Krieges haben meinen Weg geprägt“, sagte der gebürtige Bersenbrücker. „Das, was wir erleben mussten, sollte sich nie mehr wiederholen.“
In ihrer gut vorbereiteten Moderation arbeitete die Vizepräsidentin der Universität, Gunilla Budde, auch die Zugänge zum Thema Europa von Andreas von Seggern heraus. Der Leiter des Stadtmuseums Oldenburg hat sich in seiner Promotion unter anderem mit der Aufnahme von Flüchtlingen in Oldenburg nach dem Krieg beschäftigt. „Die Menschen waren nicht willkommen“, berichtete der Historiker. Zum Teil seien sie gegen den Widerstand der Eigentümer in Häuser einquartiert worden.
BKGE-Direktor Matthias Weber hatte zwar eingangs die vielen verschiedenen Berührungspunkte zwischen Oldenburg und Europa betont. Der Rückblick auf die Flüchtlingsfrage nach dem Weltkrieg auf dem Hintergrund der derzeitigen Lage beherrschte dann aber den Gesprächsverlauf. Möglicherweise hatten sich die Zuschauerreihen an diesem Abend genau wegen dieses Aspekts so gut gefüllt.
Im Ergebnis waren sich beide Podiumsteilnehmer einig, dass die damals 80 000-Einwohner-Stadt Oldenburg die Aufnahme von 40 000 Flüchtlingen gut und zu ihrem Vorteil gemeistert habe. Und dass – bei allen Schwierigkeiten und Gefahren – auch die anstehende Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge aus Bürgerkriegsregionen gemeistert werden könne. Klar war aber: „Wir brauchen Regeln für geordnete Zuwanderung, und unsere Rechtsordnung muss gelten“, sagte Pöttering.
Mit einem engagierten Plädoyer für die Würde des Menschen stellte sich der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung auf die Seite von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Flüchtlingen in Ungarn Aufnahme und Hilfe zugesagt hatte – und dafür viel Kritik einstecken musste.
Eine entsprechende Feststellung hatte bereits Jürgen Krogmann in seiner Begrüßung getroffen. „Es wird Probleme und Schwierigkeiten geben“, war sich der Oberbürgermeister sicher. „Aber am Ende bin ich bei Frau Merkel und sage: Das schaffen wir.“