Hohenkirchen - Es scheint, als wären die Worte „Demografischer Wandel“ in aller Munde – und viele sehen ihn als Problem. Das heißt, einfach ausgedrückt: Die Zusammensetzung der Gesellschaft verändert sich, die älteren Menschen werden noch älter, die jungen Menschen bleiben nicht in ihrer Heimat und ziehen weg. Was bedeutet das für die Orte im Wattenmeer-Raum?

Die müssen sich vielen Herausfordnungen stellen – und das wollen jetzt vier Gemeinden Hand in Hand tun. Beteiligt sind die Inselgemeinden Spiekeroog und Juist, die Festlandgemeinden Wangerland und Norden sowie weitere Partner, darunter auch die Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg und die Arbeitsgruppe für regionale Struktur-und Umweltforschung GmbH (Arsu). Finanziert wird das dreijährige Projekt mit 450 000 Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Ein erstes Mal hatten sich die Beteiligten bereits im August auf Juist getroffen. Jetzt kamen sie erneut in Hohenkirchen zusammen, um auf die Herausforderungen des demografischen Wandels zu blicken. „Zwar gibt es viele Gemeinsamkeiten, aber alle vier Gemeinden müssen auch differenziert betrachtet werden“, sagte Prof. Dr. Ulrich Scheele von der Arsu.

Spiekeroog

Zwar gibt es ein Arztehepaar auf der Insel, in schlimmeren Fällen müssten die Menschen aber ans Festland – und das sei schwierig. Zudem gibt es keine Pflegeeinrichtung. Viele Häuser auf der Insel werden an Menschen vom Festland verkauft, die sie dann allerdings nur selten nutzen. Die meisten jungen Menschen ziehen weg.

Juist

Auch die Insel Juist kämpft damit, dass viele junge Menschen wegziehen. Vereine sind dadurch in Gefahr – die Mitgliederzahlen schrumpfen. Auch die ärztliche Versorgung sei nicht optimal. Die Infrastruktur ist vielerorts nicht passend – Straßen und Gebäude, ja sogar der Strand seien für ältere Menschen nicht leicht zugänglich. Zudem gibt es auf der Insel keine Autos, sondern nur Kutschen – die ebenfalls schwer zugänglich sind. Auch Fachkräfte fehlen.

Wangerland

Das Wangerland hat eine große Fläche, dafür aber eine niedrige Siedlungsdichte. Die Infrastruktur ist stark auf den Tourismus ausgelegt – schwer ist der Spagat zwischen Tourismus und Interessen der Einwohner. Ziel ist für die Gemeinde, eine vernünftige Schulkultur sowie ausreichend Arbeitsplätze zu schaffen, damit auch junge Menschen mit Familien herziehen. Denn auch das Wangerland kennt die Herausforderung mit Eigentumswohnungen oder gar Häusern, die von Auswärtigen nur selten genutzt werden. Auch die mangelnde Finanzausstattung für Kommunen sei ein Problem des Wangerlands.

Norden

Ländlicher Raum ist „out“, das Stadtleben ist „in“ – so sieht die Gemeinde Norden die Einstellung vieler junger Menschen und somit auch das Problem für ihre Gemeinde. Die Abiturienten- und Studentenzahlen sind massiv gestiegen, dafür lernen immer weniger handwerkliche Berufe – und bleiben nicht in Gemeinden wie Norden. Auch hier kennt man die Herausforderung, dass viele Menschen den Ort als Urlaubs- aber nicht als Wohnziel sehen. Und auch die Festlandgemeinde sieht wie die Inseln die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum problematisch.

Antje Brüggerhoff
Antje Brüggerhoff Lokalredaktion, Jeversches Wochenblatt