Hannover Bei diesem Thema wird Vera Seeck fast wütend: „Für das Bistum Osnabrück mussten wir alle Kinder- und Jugendfahrten in diesem Sommer absagen“, erklärt die 29-jährige Bildungsreferentin des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Eigentlich hatten sich allein hier rund 18 000 Jugendliche auf unbeschwerte Ferien gefreut. Die Ankündigung des Landes, dass wieder Jugendfahrten mit bis zu 16 Teilnehmern stattfinden können, sei zu kurzfristig gekommen, so Seeck, die auch in der Niedersächsischen Kinder- und Jugendkommission mitarbeitet.
Das Gremium stellte der Landesregierung am Mittwoch ein schlechtes Zeugnis aus. In der Corona-Krise sei die Jugendpolitik aus dem Blick der Verantwortlichen gerutscht, so Kommissionsvorsitzender Johannes Schmidt. Die Jugendlichen erlebten eine Durchregulierung ihrer Lebenswelt. „Die Freiräume wurden auf Null gestellt“, erklärte Schmidt weiter. Die Sehnsucht nach weniger Kontrollen sei sehr groß.
„Großartiger Beitrag“
„Die Perspektiven der Jugendlichen gehören an den Kabinettstisch“, ergänzte Dr. Gunda Voigts, Professorin der HAW Hamburg. Sie wies darauf hin, dass die Jugendlichen in der Corona-Krise sehr positiv mit der Situation umgegangen seien und einen „großartigen Beitrag“ zum Infektionsschutz“ geleistet hätten. Doch im Stufenplan der Landesregierung sei Jugendarbeit erst gar nicht benannt worden. Während Parks schon wieder öffnen durften, hätten sich beispielsweise Pfadfinder noch per Videochat austauschen müssen. Andere Bundesländer hätten die Beschränkungen bei der Kinder- und Jugendarbeit viel eher wieder zurückgenommen. Die Jugendverbände seien im Prozess der Verordnungen nicht gefragt worden, so Schmidt.
Die Kinder- und Jugendkommission warnte davor, in den Ferien „Sommerschulen“ einzurichten. „Ferien müssen Ferien bleiben“ so Voigts. Für ihre Selbstpositionierung benötigten Jugendliche genug Freiräume. Die Kommission appellierte ans Land, die Kontaktbeschränkungen zu überdenken. Die Abstandsregelung von 1,5 Metern sei für Jugendliche nicht immer leistbar. Zudem müsse die finanzielle Unterstützung für Jugendzentren und andere Einrichtungen weiter fließen. Er habe die Sorge, dass Strukturen wegbrechen und sich Jugendliche von der Gesellschaft abwenden, sagte Schmidt. „Das darf nicht passieren!“
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Verordnung nachbessern
„So schlecht geht kein anderes Bundesland mit seiner Jugend in der Corona-Krise um“, reagierte der jugendpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Volker Bajus, auf den Bericht. Die jüngste Corona-Verordnung sollte im Interesse der Jugendlichen umgehend nachgebessert werden.