Hannover Immer mehr Jugendliche in Niedersachsen gehen morgens mit einem Messer im Rucksack oder in der Hosentasche zur Schule. Das ist ein zentrales Ergebnis der aktuellen Jugendstudie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN). „Jugendliche führen immer häufiger Waffen, insbesondere Messer, mit sich – sowohl in der Freizeit als auch in der Schule. Im Freizeitbereich ist es mittlerweile mehr als jeder Dritte, der ein Messer dabei hat, in der Schule ist es fast jeder Zehnte. Statistisch sitzen in jeder Klasse also zwei Jugendliche, die ein Messer dabei haben“, sagt Dr. Sören Kliem, Mitautor der aktuellen KFN-Jugendstudie, im Interview mit unserer Zeitung.
Lesen Sie auch:Die Forscher haben im Jahr 2017 insgesamt rund 9000 Neuntklässler befragt. Da es nach 2013 und 2015 bereits die dritte Untersuchung in dieser Form ist, sind Vergleiche gut möglich. Und diese ergeben ein erschreckendes Bild. Denn neben der Messer-Erkenntnis ist auch eine höhere Gewaltbereitschaft unter den Jugendlichen in Niedersachsen zu erkennen. Mehr als 27 Prozent der Jugendlichen haben bei der Erhebung angegeben, bereits mindestens einmal Opfer eines Gewaltdelikts geworden zu sein. Mehr als 14 Prozent haben in den vergangenen zwölf Monaten eine Gewalttat erlebt. Fast jeder fünfte Jugendliche einer neunten Klasse gab zu, bereits mindestens eine Gewalttat in seinem Leben begangen zu haben. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren.
Lesen Sie auch:Über die Ursachen kann der Jugendforscher Kliem nur spekulieren: „Was wir parallel zum Gewaltanstieg unter Jugendlichen festgestellt haben, ist, dass auch das Schuleschwänzen zwischen den Jahren 2015 und 2017 zugenommen hat. Und wenn Jugendliche die Schule schwänzen, stehen sie nicht unter der Kontrolle von Lehrkräften oder Eltern. In dieser Zeit ist das Risiko, Straftaten zu begehen, entsprechend größer.“
Besondere Sorgen macht dem Forscher überdies die Zunahme von Mobbing-Attacken unter Jugendlichen. „Jugendliche werden beleidigt, bedroht und bloßgestellt. Das ist für Jugendliche sehr belastend. Wenn sie Mobbing-Opfer werden, dann neigen sie stärker zu Depressionen oder gar Selbsttötungstendenzen.“