Oldenburg /Wilhelmshaven Der Oldenburger Polizeipräsident Johann Kühme hat Beschuldigungen zurückgewiesen, nach denen er versucht haben soll, das Ermittlungsverfahren gegen den Leiter der Polizeiinspektion Wilhelmshaven-Friesland, Hans-Henning von Dincklage in seinem Sinne zu beeinflussen.
Zwei Kriminalbeamte – einer von ihnen inzwischen im Ruhestand – hatten Kühme als Zeugen vor dem Landgericht schwer belastet.
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Gegenüber der NWZ sagte Kühme: „Ich habe weder versucht, Zeugen zu beeinflussen noch habe ich einen Mitarbeiter aus der Polizei gemobbt.“ Tatsächlich habe er sich aus dem Verfahren herausgehalten und sich bisher auch nicht öffentlich zu den Anklagepunkten gegen von Dincklage geäußert – „und das werde ich auch weiterhin nicht tun.“
Da es sich bei den Vorwürfen, die in der vergangenen Woche von Zeugen gegen Kühme vorgebracht wurden, um Straftaten handelt, lösten die Aussagen ein erhebliches Echo aus. Nach Informationen der NWZ wurde inzwischen bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg Strafanzeige gegen Unbekannt wegen „Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat“ und „Verfolgung eines Unschuldigen“ erstattet.
Ob die Staatsanwaltschaft von sich aus den vorgetragenen Sachverhalt überprüft, ist derzeit nicht zu erkennen. Auf eine entsprechende Anfrage der NWZ teilte die Ermittlungsbehörde mit, man werde während der laufenden Hauptverhandlung keine Angaben dazu machen.
Ähnlich äußerte sich das Innenministerium, das einen eigenen Beobachter in den Oldenburger Prozess entsandt hat, gegenüber der NWZ. Das Ministerium werde sich zu dem laufenden Verfahren nicht äußern und zunächst den rechtskräftigen Verfahrensausgang abwarten.
Grundsätzlich, so Pressesprecher Matthias Eichler, liege die Zuständigkeit zur Prüfung, ob der Anfangsverdacht einer Straftat vorliege, bei der Justiz. Deshalb sei es zunächst Aufgabe der Staatsanwaltschaft, als Ermittlungsbehörde zu prüfen, ob und inwieweit ein Sachverhalt näherer Aufklärung bedarf.
Zusätzlichen Klärungsbedarf im Zusammenhang mit den beiden Zeugenaussagen sieht aber offenbar das Gericht. Zu Beginn der Sitzung am Dienstag teilte der Kammervorsitzende Ralf Busch mit, dass die beiden Kripobeamten erneut geladen worden seien, weil es noch ergänzende Fragen an beide gebe.
In dem Prozess wird dem ehemaligen Wilhelmshavener Polizeichef vorgeworfen, er habe insgesamt 90 unerlaubte Privatfahrten im Dienstwagen unternommen und sich von einem Polizeifahrer von seiner Wohnung in Oldenburg zu seinem Dienstsitz nach Wilhelmshaven und zurück bringen lassen. Von Dincklage hat die Beschuldigung zurückgewiesen, weil alle angeklagten Fahrten dienstlich veranlasst gewesen seien.
Wie kompliziert die Regelung von Dienstfahrten war, machte am Dienstag der ehemalige Landes-Polizeipräsident Uwe Binias deutlich. In den zuständigen Ministerien habe es immer wieder Diskussionen zu dem Thema gegeben, aber letztlich sei keine eindeutige Regelung dabei herausgekommen. Ganz bewusst sei die Kompetenz für viele Einzelfallentscheidungen delegiert worden.
Weil es bei der Dienstwagennutzung durch die Leiter der Polizeiinspektionen so viele besondere Fälle, auch im Grau- oder Mischbereich gebe, habe natürlich das grundsätzliche Verbot von Privatfahrten gegolten. Ansonsten sei die Ansage gewesen: „Bitte entscheidet das vor Ort – mit dem Risiko, dass du nach einer Fehlentscheidung dran bist.“
Prozessbeobachter Jürgen Westerhoff zum Dincklage-Prozess: