Hannover SPD und Grüne lehnen die Erfassung von Arbeitszeiten für Lehrer an Gymnasien ab. Nach einer teils sehr emotionalen Debatte schmettert die rot-grüne Regierungsmehrheit einen entsprechendenden Oppositionsantrag im Landtag ab.
Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) stemmt sich nach Kräften gegen das Ansinnen von CDU und FDP, die die Belastung von Gymnasiallehrern durch die von der Landesregierung verordnete Mehrarbeit von 23,5 auf 24,5 Wochenstunden mittels Studie wissenschaftlich ermitteln lassen will. „Wir wollen keine Stechuhren für Lehrkräfte. Mit Buchführung kann man keine Erkenntnisse gewinnen“, hält Heiligenstadt dagegen und belehrt die Opposition: „Es gibt Arbeitszeiten und außerunterrichtliche Tätigkeiten. Diese hängen von der individuellen Befähigung der Lehrer ab“. Im Klartext: Lehrer sollen die Stunde Mehrarbeit durch eine schnellere Vor- oder Nachbereitung des Unterrichts selbst auffangen.
Die Opposition wirft der Kultusministerin vor, die Situation an den Schulen zu ignorieren. „Es gibt eine wahnsinnige Unruhe“, weist CDU-Schulexperte Kai Seefried auf gestrichene Klassenfahrten und ausgefallene Schulfeiern aus Protest gegen die verordnete Mehrarbeit hin. Zum Beleg zitiert Seefried das Schreiben einer elfjährigen Schülerin an den Landtag: „Hallo SPD, meine Fahrten und Feste sind gestrichen worden. Wenn ich 18 werde, werde ich die SPD nicht wählen. Mit wütenden Grüßen“.
Da kommt Stimmung auf im Plenum. Klatschende CDU, protestierende SPD. „Die Ausfälle von Klassenfahrten sind keine Folge von einer Stunde Mehrarbeit“, betont der SPD-Schulexperte Christoph Bratmann – und der Grünen-Abgeordnete Heinrich Scholing assistiert: „Die Opposition setzt nur darauf, dass die beantragte Studie Rot/Grün entlarvt“. Für den früheren Schulleiter steht dagegen fest: „Durch die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren werden die Gymnasiallehrer mehr Zeit haben, unter anderem durch weniger Klassenarbeiten“. Der Opposition gehe es nur darum, „das Thema zu skandalisieren“.
Ein Vorwurf, den der FDP-Schulexperte Björn Försterling nicht auf sich sitzen lässt. „Seit der Entscheidung von Rot/Grün herrscht an den Gymnasien ein deutlich schlechteres Schulklima. Die Krankenzahlen steigen“, gibt Försterling Eindrücke von Besuchen wieder. Doch Rot/Grün sei es „völlig egal, was draußen passiert“. Mit „Selbstgefälligkeit“ würden besorgte Stimmen, wie die der Schülerin, „vom Tisch gefegt“. Der CDU-Abgeordnete Ulf Thiele (Uplengen) fordert die Kultusministerin nachdrücklich auf, „den Schulfrieden wiederherzustellen“. Vergebens. In dieser Frage geht ein Riss durchs Parlament.