Wilhelmshaven Erst scheiterte die Suche nach einem gemeinsamen Kandidaten von SPD und CDU, jetzt stehen gleich zwölf und wahrscheinlich sogar 13 Kandidaten zur Wahl, wenn am Sonntag, 12. Mai, in Wilhelmshaven der neue Oberbürgermeister gewählt wird. Die Wahl ist notwendig, weil die achtjährige Amtszeit des Amtsinhabers Andreas Wagner endet. Wagner (50) hatte im Januar 2018 erklärt, dass er nicht für eine weitere Amtszeit kandidiere – worüber viele im Wilhelmshavener Rat nicht unglücklich sind.
Nachdem die beiden größten Ratsfraktionen (SPD und CDU) keinen gemeinsamen Kandidaten fanden, nominierten beide eigene Bewerber: die SPD den Huder Dr. Niels Weller (47), die CDU die parteilose Leiterin des Jobcenters Oldenburg, Carmen Giss. Doch Giss zog im Februar 2019 überraschend zurück. Die CDU geht aber doch mit einem Kandidaten ins Rennen, der an diesem Mittwoch in Wilhelmshaven nominiert werden soll.
Streit in der SPD
Weitere Fraktionen zogen nach: Die UWG nominierte ihr Ratsmitglied Frank Uwe Walpurgis, „Die Partei“ ihr Ratsmitglied Andreas Tönjes, die Grünen Fraktionschef Michael von den Berg (56) und die AfD Dr. Jaroslaw Poljak (41). Die Nominierung des SPD-Kandidaten Dr. Niels Weller hat die SPD Wilhelmshaven in eine Krise gestürzt, die mit gegenseitigen Vorwürfen begann und in Parteiaustritten – und nunmehr Gegenkandidaturen – endete. Petra Ducci-Eiklenborg (54), stellvertretende Wilhelmshavener Kreisvorsitzende, wollte antreten. Über ihre Kandidatur entzweite sich die Wilhelmshavener SPD, eine Mehrheit in den Ortsvereinen sprach sich für den Huder Weller aus, Ducci-Eiklenborg hatte nur ihren SPD-Ortsverein Wilhelmshaven-Süd hinter sich.
Die langjährige friesländische SPD-Kommunalpolitikerin aus Sande ist die Ehefrau des parteilosen Sander Bürgermeisters Stephan Eiklenborg (früher SPD); sie hatte nach dessen Wahl ihre friesländischen Ämter zurückgegeben und war aus dem Rat ausgeschieden. Im Juli 2018 erklärte sie ihren Austritt aus der SPD und kündigte ihre Kandidatur für das Oberbürgermeisteramt an.
Seinen Austritt aus der SPD erklärte auch der stellvertretende Kreisvorsitzende Stefan Starzonek (45), den der Ortsverein Altengroden/Neuengroden/Villenviertel-Tonndeich als OB-Kandidat vorgeschlagen hatte. Der Rechtsanwalt erklärte später auch seine Bewerbung um das Oberbürgermeisteramt. Die anderen fünf Ortsvereine der SPD hatten sich für den Vorschlag der Findungskommission, Dr. Niels Weller (Hude), stark gemacht.
Ein weiterer Bewerber mit sozialdemokratischem Hintergrund ist Einzelbewerber Carsten Feist (50). Der Leiter des Wilhelmshavener Jugendamts war 2004 als parteiloser Kandidat bei der Bürgermeisterwahl in Schortens angetreten – und nach engagiertem Wahlkampf gegen Gerhard Böhling unterlegen.
Sieben Einzelbewerber
Weitere Einzelbewerber sind Peter Freudenberg, Marcus Jurk und Holger Raddatz. Der Unternehmensberater Freudenberg (56) ist parteilos. Er will sich für ein soziales Wilhelmshaven einsetzen, 2016 kandidierte er bei der Kommunalwahl für die lokale Gruppierung Basu (Bildung, Arbeit, Soziales, Umwelt), die mit einem Sitz im Rat vertreten ist. Marcus Jurk (49) hatte 2016 für die Wilhelmshavener Bürger-Vereinigung (WBV) kandidiert. Vielen Wilhelmshavenern ist er als Administrator der Facebook-Gruppe „Wenn du Wilhelmshaven kennst“ bekannt. Holger Raddatz (44) ist als an der Heimatgeschichte Interessierter bekannt. Er engagiert sich im Verein zum Erhalt der Bunker am Banter See. Zu seinen Forderungen zählt der Erhalt des ursprünglichen Wilhelmshaven. Und schließlich meldete sich als 13. Bewerberin (nach dem Rückzieher Carmen Giss’ wieder Nr. 12) Jacqueline Bakir Brader (47) aus Jever. Die erfolgreiche Unternehmerin und Buchautorin mit türkischen Wurzeln sieht ihre Stärke vor allem in der Wirtschaftsförderung, aus ihrer Sicht eine Hauptaufgabe eines Verwaltungschefs.
Die Zahl der Bewerber spiegelt auch die Zerrissenheit im Rat wider, elf Fraktionen und Gruppierungen bilden den 39-köpfigen Rat (38 gewählte Ratsmitglieder, eine Stimme hat der Oberbürgermeister). Neben SPD (10 Mandate), CDU (8), Grüne (4), AfD (ursprünglich vier Mandate, jetzt in zwei Fraktionen gespalten), WBV (3), FDP (3), UWG (2), Linke, Basu, Freie Wähler, Die Partei (je ein Mandat). Gewählt wird – wie erwähnt – am 12. Mai. Erhält kein Bewerber die absolute Mehrheit, kommt es zur Stichwahl am 26. Mai, dem Tag der Europawahl. Vor acht Jahren galt ein anderes Wahlrecht, damals reichte die einfache Mehrheit der Stimmen. Wagner gewann gegen acht Mitbewerber.