Oldenburg Diskriminierung ist ein Unding, ob von Frauen oder von irgendeiner anderen gesellschaftlichen Gruppe. Ein Unding ist es aber auch, im berechtigten Kampf gegen die Diskriminierung Unschuldige zu meucheln – etwa die deutsche Sprache.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs im Fall einer Frau, die bei ihrer Sparkasse nicht „Kunde“ sein will, sondern als „Kundin“ angesprochen werden möchte, ist eine Nachhilfestunde in Sachen Linguistik. Die Richter erinnern die Frau und die Öffentlichkeit daran, dass das grammatische Geschlecht nichts mit dem biologischen zu tun hat. Das sogenannte generische Maskulinum, etwa im Wort „Kläger“, kennzeichnet eine Personengruppe unabhängig vom Geschlecht. Ein Kläger ist zunächst nicht Mann oder Frau – er ist jemand, der klagt; er ist der Träger der Handlung „klagen“. Wer über „die Menschen“ spricht, also über „sie“, der tut das wie so oft im Plural übrigens in sehr femininer Form – und meint womöglich trotzdem auch Männer.
Mancher Versuch, ungeachtet der Grammatik eine Form allein für die weiblichen Träger einer Handlung zu etablieren, ist inzwischen in den Sprachgebrauch eingegangen. Wir haben uns daran gewöhnt, dass es auch eine „Klägerin“ geben kann. Obwohl es streng genommen dann auch ein männliches Gegenstück geben müsste: den Klägerer.
Vielleicht reagieren Journalisten und Literaturliebhaber besonders empfindlich auf jeden Angriff auf die Klarheit und Schönheit der deutschen Sprache. Ich jedenfalls empfinde es als quälend, wenn Sätze durch die ständige Auflistung einer vermeintlich weiblichen und männlichen Form („Klägerinnen und Kläger“), durch ein brutal aus dem Text springendes großes „I“ („KlägerIn“) oder etwas kleinerer Sternchen („Kläger*in“) zerrissen werden. Abgesehen davon bremst es meinen Lesefluss.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs war überfällig, weil es zur Mäßigung aufruft. Ja, lasst uns den Kampf gegen Diskriminierung weiterkämpfen – aber bitte nicht länger auf dem falschen Schlachtfeld!