Osnabrück Am Hauptbahnhof in Osnabrück lese ich auf einem Plakat des Deutschen Bauernverbandes: „Ohne uns werden Sie nicht satt. Ein Landwirt ernährt 145 Menschen pro Jahr. Darauf sind wir stolz. Wir machen Landwirtschaft echt grün. Eure Landwirte – gestern. heute. morgen. Immer.“ Landwirtschaft echt grün, wirklich? Und was ist mit Glyphosat?

In den Zukunftsszenarien der Agrarlobby hingegen wird Glyphosat wie eine Massenvernichtungswaffe beschrieben, die dafür sorgt, dass auch künftig alle zu essen haben, weil sie alle störenden „Unkräuter“ vernichtet. 2017 wurden erstmals über eine Million Tonnen dieses Pflanzengifts verkauft. Der große Produzent Monsanto bietet praktischerweise zugleich gentechnisch veränderte Pflanzen an, die gegen Glyphosat unempfindlich sind. So werden die Chemie-Bauern noch abhängiger von Monsanto oder von der Leverkusener Bayer AG, die ja Monsanto übernehmen will.
Die Samen von gentechnisch veränderten Pflanzen sind unfruchtbar, sodass Bauern künftig jedes Jahr neues Saatgut von der Chemieindustrie kaufen müssten. Da Glyphosat aber auch Mikroorganismen wie Würmer vernichtet und Vögel, Reptilien oder Amphibien von diesen abhängig sind, ist dieses Gift auch verantwortlich für das Massensterben im noch fruchtbaren Ackerboden. Übrig bleiben biologische Wüsten, auf denen bald nichts mehr wächst. Nur eine Landschaft ohne Glyphosat wird das Versprechen aller Versprechen der Landwirtschafts-Lobby einlösen können: dass alle Menschen, auch zehn Milliarden, künftig satt werden.
Der Streit um das Pflanzengift Glyphosat macht deutlich: Es geht um nichts weniger als um den Erhalt unserer Lebensgrundlagen. Der scheidende Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hat mit seiner Zustimmung zur weiteren Verwendung von Glyphosat in der EU Gift für das Land gesät. Im Namen seiner Partei steht das „C“, was Mut für eine Politik zur Bewahrung der Schöpfung erfordert hätte. Aber der Mann geht feige vor der Agrarlobby und vor der Chemielobby in die Knie.
Die offizielle Begründung für Schmidts Zustimmung zu Glyphosat: Die Weltgesundheitsorganisation habe das Gift ja nur als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.
Viele Bauern hängen am Tropf von Glyphosat wie ein Junkie an der Nadel. 37 Prozent der Felder werden in Deutschland damit traktiert. Glyphosat ist die Droge der heutigen Landwirtschaft. Der Chemielobby ist das so egal wie der Agrarlobby. Hauptsache, die einen verdienen viel Geld und die anderen haben ihren Stoff. Und der „christliche“ Landwirtschaftspolitiker besorgt die Geschäftsgrundlage für diese „moderne“ Landwirtschaft. So wird der Bauer das „Unkraut“ los. Er hat ja die Glyphosat-Spritze. Damit wird alles getötet, was grün ist. Glyphosat schaltet ganz einfach die Natur aus – effektiver als jedes andere Pestizid. So entsteht eine Landwirtschaft, die nicht mehr mit der Natur, sondern gegen die Natur arbeitet – um Handarbeit zu sparen. Hand in Hand arbeiten dafür ein Monsanto-Minister und die Glyphosat-Industrie.
Was ist die Alternative? In der DDR war das Gift verboten, und Österreich sowie Frankreich wollen es verbieten. Es geht also auch ohne. Der Landwirtschaftsredakteur der „taz“, Jost Maurin, schreibt über die Alternative: „Es hilft nichts, die Junkies müssen ihr Leben umstellen. Statt zum Beispiel Raps und dann zwei Jahre lang Weizen anzubauen, könnten sie mehr Früchte auf dem Feld abwechseln. Dann wüchse weniger Unkraut. Oder sie säen zwischen Maisreihen Hülsenfrüchte, die Unkraut verdrängen. Sie könnten das Unkraut auch maschinell bekämpfen: mit einem Striegel etwa, der den Boden nicht so tief aufreißt und weniger Erosionen verursacht als der Pflug. Das alles ist kein Hexenwerk, sondern uraltes Handwerk.“
Sicher, manche Lebensmittel würden durch mehr Handarbeit etwas teurer. Aber sollten uns das die Artenvielfalt und unsere Gesundheit nicht wert sein?