Wildeshausen - Sein Lebenswerk für die Wittekindstadt lässt sich in vier Worte fassen: „Ich war überall dabei“, sagt er gern. Ob Kreissitzverlegung, die Ansiedlung großer Unternehmen wie Atlas Weyhausen, Innenstadtsanierung oder Stadthausbau: Manfred Rollié stand stets in der ersten Reihe, wenn es darum ging, wichtige Projekte auf den Weg – und ins Ziel – zu bringen. An diesem Sonntag, dem Palmsonntag, wird Wildeshausens Altbürgermeister und einziger Ehrenbürger 90 Jahre alt.

Sein Leben könnte eigentlich als Drehbuchvorlage für einen historischen Film dienen: Rollié erblickte am 5. April 1930 in Ziegenhals (Oberschlesien) das Licht der Welt. Die Familie flüchtete im März 1945 zunächst nach Freiwaldau/Sudetenland. Als ein Jahr später Jugendliche zum Wiederaufbau nach Warschau gebracht werden sollten, setzte ihn sein Vater Richard in einen Zug Richtung Westen. Er landete erst in Winsen (Luhe). Fünf Wochen später fand die Familie in Wildeshausen wieder zusammen. Der Vater verstarb 1949. Nach der Schulzeit war Rollié der erste Lehrling im Großhandel von Jakob Krischel. „Pötte und Pannen hatte der“, erinnert sich Rollié an so manches Detail. Er war drei Jahre lang Buchhalter der Molkerei am Mühlendamm, Verkaufsleiter bei der Bekleidungsfabrik Iken & Schmitz sowie für das Hubschrauber-Programm von VFW-Fokker in Bremen tätig.

1974 holte ihn Heinrich-August Schütte zurück in die Kreisstadt: Rollié wurde Verwaltungsdirektor des Krankenhauses Johanneum, wo er gemeinsam mit anderen den Ausbau zum einzigen Allgemeinkrankenhaus im Landkreis vorantrieb. 1995 ging er in den Ruhestand.

Über die Kolpingsfamilie fand der gläubige Christ den Weg in die Politik. „Ich wollte meinen Teil dazu beitragen, dass es nie wieder Krieg in unserem Land gibt“, sagt er. 1958 trat Rollié in die CDU ein und wurde 1961, als „junger Sprinter“, wie er sagt, erstmals in den Stadtrat gewählt. Rollié prägte die Entwicklung der Kreisstadt in den vergangenen Jahrzehnten wie nur wenige. 40 Jahre lang war er in der Kommunalpolitik aktiv, davon 18 Jahre als ehrenamtlicher Bürgermeister. In seine Ära fallen Entscheidungen wie Kreissitzverlegung, Stadthausbau, Neugestaltung des Gildeplatzes und mehr.

Stets ging es ihm darum, das „Alleinstellungsmerkmal“ von Wildeshausen aufs Schild zu heben. „Als Kleinstadt muss man kleine Attraktionen haben“, meint Rollié und verweist auf die reiche Geschichte der ältesten Stadt im Oldenburger Land. „Daraus müssen wir etwas machen.“ So setzte er sich für das Glockenspiel mit Figuren-Umlauf am Stadthaus ein und engagiert sich noch heute im Bürger- und Geschichtsverein. Besonders ärgere ihn, wie die historische Villa Knagge verfällt.

Rollié gilt als Verfechter des Ehrenamts. Er engagierte sich in der katholischen Kirchengemeinde, dem Kirchenchor, dem Musikkorps Wittekind und ist Ehrenfeuerwehrmann. Gartenarbeit hält ihn fit, sagt der Jubilar, der im kommenden Jahr mit seiner Frau Elisabeth Diamantene Hochzeit feiern will. Gemeinsam haben sie drei erwachsene Kinder und sechs Enkelkinder.

Wegen der Corona-Pandemie kann er nur in ganz kleinem Rahmen den 90. Geburtstag begehen. Selbst die älteste Tochter, die im Johanneum arbeitet, will lieber nicht kommen. Auch ein Empfang, den Stadt und Gilde zu seinen Ehren geben wollten, musste abgesagt werden. Rollié nimmt es mit dem ihm eigenen Optimismus: „Es wird im Sommer alles nachgeholt.“

Stefan Idel
Stefan Idel Landespolitischer Korrespondent