Rostrup Behutsam streicht er mit der linken Hand über das Holz. Der obere Rand der Kommode ist Gold umrandet. Vier Schubladen in Summe sind ebenfalls mit einer goldenen Linie am unteren Rand – circa einen Zentimeter dick – versehen. Dazu verschnörkelte Messinggriffe. Der Rest leuchtet in einem satten smaragdgrün.
Auch die Augen des 79-jährigen Horst Sandstede aus Bad Zwischenahn leuchten. Er erzählt, dass dies sein zweites Exemplar dieser Art und Gestaltung sei. „Nachdem ich die erste Kommode in grün-gold verkauft hatte, sah ich in einem Urlaub in Saint-Tropez ein fast identisches Möbel. Ich war total begeistert, wie zeitgemäß mein Geschmack doch ist!“
So fing alles an. Die eigenen Holzmöbel sollten zeitgemäßer werden.
Neues Haus, neues Glück
Vor rund 20 Jahren zogen Horst Sandstede und seine Frau Marianne Sandstede innerhalb von Bad Zwischenahn in ein neues Haus. Genauer gesagt, sie bauten eines. Ihren Alterswohnsitz. Der Umzug sei jedoch nicht die einzige Veränderung zu dieser Zeit gewesen. Sandstede eröffnete im Jahre 1971 ein Restaurant in Bad Zwischenahn. 1995 veräußerte er dieses. Aus gesundheitlichen Gründen sei das Führen und Besitzen eines eigenen Lokales nicht mehr möglich gewesen. Seine Frau sei mit ihm ausgeschieden.
Was machten die beiden nun mit ihrer Zeit? Marianne Sandstede gab sich der Malerei hin, einige Exemplare wurden bereits ausgestellt. Horst Sandstede erholte sich von seiner Krankheit und sei fortan wieder voller Tatendrang gewesen.
Viele Möbelstücke haben sie aus dem alten Haus mitgenommen. Eiche rustikal, gar nicht mehr angesagt Mitte der Neunziger. Sandstede sei dann die Idee gekommen, die Möbel in einem hellen Ton, im französischem Landhausstil anzustreichen. Kann ja nicht so schwer sein. Für Horst Sandstede definitiv nicht! So habe er vor seiner Restauranteröffnung, im Jahre 1955, eine Ausbildung zum Maler gemacht und 15 Jahre in dem Beruf gearbeitet.
Ausschließlich Naturfarbe
Für ihn würden nur Naturfarben in Frage kommen, wie zu seiner Lehrlingszeit. Selbst angerührt mit Leinöl, Pigmenten und Terpentin. Zum Schluss werde jedes Möbel patiniert, eine Methode mit der die Alterung hervorgehoben oder gar künstlich erzeugt wird.
„Nach neuen gebrauchten Möbelstücken suche ich vor allem im Kleinanzeiger der Nordwest-Zeitung“, sagt der 79-Jährige. Mit Erfolg. Nach und nach habe sich das Haus der Sandstedes gefüllt und so habe er sie inseriert. Auch so herum funktioniert der Kleinanzeiger. Mit seinen nostalgischen Unikaten trifft Sandstede den Geschmack vieler Leute in der Umgebung. „So ein altes Möbel wird heutzutage gerne mit einer modernen Einrichtung kombiniert und ein wunderbarer Stilmix entsteht“, erzählt der talentierte Pensionier.
Fingerspitzengefühl
Inzwischen ist er ein Profi, arbeitet routiniert in seinem Atelier, das an sein Landhaus angrenzt. „Es bedarf ein gewisses Fingerspitzengefühl, zu wissen, wie weit man das jeweilige Möbel restaurieren darf.“ Im gesamten Haus stehen diese Möbel, werden teilweise auch vom Eigentümer genutzt. Dazwischen Gemälde seiner Ehefrau, die vor zehn Jahren verstarb.
„Potenzielle Käufer und Interessierte sollen keine Museumsatmosphäre erleben, wenn sie kommen, um die Möbel anzuschauen.“
Ein Kleingewerbe betreibe Sandstede nicht, es sei ein leidenschaftliches Hobby, mit dem er sich etwas Geld zu seiner Rente dazuverdiene. „Nach Aufgabe des Restaurants wollte ich nicht gänzlich ohne Arbeit sein und mit meiner neuen Tätigkeit bin ich sehr glücklich.“ Und diese übe er aus, solange er lebe.