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Zugangebot Hamburg-Stockholm im Test Bahnromantik oder falsche Versprechen? So gut (oder schlecht) ist der Nachtzug nach Schweden


So kann ein Abteil im Nachtzug nach Stockholm aussehen, muss es aber nicht. Mehr verraten wir im Test.  
dpa

So kann ein Abteil im Nachtzug nach Stockholm aussehen, muss es aber nicht. Mehr verraten wir im Test.

dpa

Oldenburg - Der Jubel in den Medien war groß: „Im Schlaf nach Schweden“, schrieb die Bild-Zeitung über die Nachricht, dass es nach 28 Jahren Pause seit Februar wieder eine direkte Zugverbindung zwischen Hamburg und Stockholm gibt. Nachhaltig reisen ins Sehnsuchtsland Schweden. Im Schlaf. Klingt gut. Müsste man mal testen. Aber doch bitte nicht so.

Das Setting

Der Autor dieses Textes geriet eher unfreiwillig in den Nachtzugtest mit dem „SJ Euronight“. Tagung in Stockholm, plötzliches Schneechaos und der Flug wird gecancelt. Doch der Druck der Reisegruppe (drei Personen, ein Mann ungefähr 2,10 Meter groß – diese Info wird später noch relevant), nach Oldenburg zurückzukehren, ist groß. Die Alternative ist schnell gefunden. Wir nehmen den Nachtzug. Im Schlaf nach Hamburg. Es gibt nur noch ein 6er-Schlafabteil mit Stockbetten? Ach, kein Problem. Wir sind doch gefühlt halbwegs jung (zwischen 35 und 45 Jahren) und agil. Abenteuer. Das wird schon.

Die Ernüchterung

Als sich langsam das 6er-Abteil füllt, werden einige Dinge schnell klar: Mit Bahnromantik hat das hier rein gar nichts mehr zu tun. Der Waggon wirkt wie aus den 70ern. Die Kissen auch. Man erkennt die Schlafspuren früherer Bahnkunden. Hoffentlich nicht aus den 70ern.

Dreckige Kissen im Nachtzug

Im Abteil wird es schnell stickig. Vor allem, wenn so langsam alle ihre Schuhe ausgezogen haben. Etwas Platzangst macht sich breit. Ein Blick in die Augen der anderen verrät die Fragen, die wir uns wohl alle stellen: Wie soll man hier ein Auge zumachen? Mit welcher Origami-Technik soll sich der 2,10-Meter-Kollege in das Bett falten? Und wie groß wird der Zorn, wenn sich einer der Mitreisenden als Schnarcher outet?

Die Ausweglosigkeit

Okay, vielleicht kann das Bordbistro die Stimmung aufhellen. Wir schlängeln uns an den sauberen Toiletten, Dusch- und Waschmöglichkeiten vorbei (keine Ironie, wirklich so) in Richtung „Bordbistro“, das sich aber schnell als Kiosk herausstellt (nicht mal Trinkhalle). Keine Sitzmöglichkeiten, übersichtliche Auswahl. Es gibt in der Mikro aufgewärmte Köttbullar in reichlich Sahne. Getränke gibt es kaum, die werden in Stockholm nicht aufgefüllt, sondern nur in Hamburg. Aha.


Happy End

Doch irgendwie hat das Karma an diesem Tag Erbarmen mit unserer Reisegruppe. Ein Waggon fällt während der Reise aus. Es muss umdisponiert werden – und wir landen dank einer freundlichen Bahnmitarbeiterin plötzlich ein paar Klassen höher: Zweier-Kabine mit Stockbett statt Kabine des Grauens mit sechs Personen auf gefühlt acht Quadratmetern. Die Bettlaken sind sauber, es gibt sogar ein eigenes Waschbecken in der Kabine. Bahnromantik kommt auf. Es ruckelt, zuckelt, die Schienen klackern. Schlaf setzt ein – am Morgen gibt es Zimmerservice mit Kaffee.

Die Bewertung

Eine Bahnfahrt in einem Zweierabteil lässt sich guten Gewissens empfehlen. Der Komfort ist solide bis gut, so gibt es auch die Chance, erholt in Stockholm oder Hamburg anzukommen. Das Bordbistro – zumindest in unserem Zug – dient eher der Notfallversorgung. Daher empfiehlt es sich, vorher zu essen oder etwas mitzunehmen. Ein abschließendes Urteil über das 6er-Schlafabteil muss an dieser Stelle offenbleiben. Es lässt sich aber sicherlich sagen, dass es vor allem für Leute geeignet ist, die nicht geräusch- und geruchsempfindlich sind, wenig Schlaf brauchen und gerne viele Menschen auf engem Raum um sich haben wollen. Allen anderen sei empfohlen: Geben Sie etwas mehr Geld aus. Gute Fahrt.

Max Holscher
Max Holscher Mitglied der Chefredaktion (Digitales)
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