Osnabrück - In welcher Stadt sie lebt, möchte Marina nicht verraten. „500 Kilometer von Osnabrück entfernt“, sagt die junge Frau, die in Wahrheit einen anderen Namen hat. Seit eineinhalb Jahren lebt sie in Deutschland, die längste Zeit hat sie im Osnabrücker Bordell „Das Rote Haus“ gearbeitet. „Ich bin weggezogen, weil es in Osnabrück schwierig ist, als Prostituierte zu arbeiten. Es gibt wenige Kunden.“

Warum sie aus Rumänien nach Deutschland gekommen ist, will sie nicht sagen. Es gehe hier nicht um sie, es gehe um Lilly. Lilly beziehungsweise Liliana ist der Name der 25-jährigen Prostituierten, die am 2. Juli im „Roten Haus“ getötet wurde. Wie Marina kam auch sie aus Rumänien, beide hatten in dem Osnabrücker Bordell ein Apartment gemietet, in dem sie ihre Freier empfingen.

„Wir hatten unser Zimmer im selben Stock, deshalb haben wir viel geredet. Ich kenne ihre Geschichte.“ Laut Marina war Lilly alleinerziehende Mutter. Der fünf- oder sechsjährige Sohn lebe bei ihrer Mutter im südlichen Rumänien, der Vater des Jungen melde sich nur selten.

Auch Lilly habe in Rumänien in großer finanzieller Not gelebt, sagt Marina. Wie so viele ihrer osteuropäischen Kolleginnen sah sie offenbar keine andere Möglichkeit, als ihren Lebensunterhalt mit der Prostitution in einem wohlhabenden Land zu verdienen.

Die getötete junge Frau habe aber nicht nur Geld für sich und ihren Sohn verdienen müssen, sondern auch für ihre kranke Mutter. „In diesem Sommer wollte sie eigentlich ihren Jungen und die Mutter nach Osnabrück holen.“


Der Sohn sollte nach Lillys Wunsch in Deutschland eingeschult werden, ihre Mutter wollte sie hier in einem Krankenhaus behandeln lassen. Laut ihrer früheren Kollegin überlegte die 25-Jährige auch, aus der Prostitution auszusteigen, um in einem anderen Beruf mehr Geld für ihre Familie zu verdienen.

Anders als das Klischee vermuten lässt, war Lilly trotz ihrer Not und ihrer Herkunft keine erloschene Existenz.„Sie war ein ganz liebes und fröhliches Mädchen, sie hat nie ein schlechtes Wort über jemanden verloren“, sagt Marina.

Dass sie und ihre Kolleginnen besonders gefährdet seien, hält auch Marina für falsch. „Ich hätte nie gedacht, dass so etwas in einem Eros-Center mit Security passiert.“

Warum die junge Frau getötet wurde, ist weiterhin unklar. „Der mutmaßliche Täter hat ein Geständnis abgelegt, sich zu seinen Motiven aber noch nicht eingelassen“, sagt Polizeisprecher Frank Oevermann. Die Obduktion der Leiche habe den Verdacht bestätigt, dass Lilly durch „Gewalteinwirkung gegen den Oberkörper“ getötet worden sei. Genaueres wollte Oevermann nicht sagen.

Der Leichnam der Getöteten wurde am Montagnachmittag freigegeben und soll auf Wunsch ihrer ehemaligen Kolleginnen so schnell wie möglich nach Rumänien überführt werden. „Wir brauchen etwa 3000 Euro, dafür sammeln wir im Moment“, sagt Marina. Es sei ihr ein großes Anliegen, dass Lillys Mutter ihr einziges Kind in Rumänien beerdigen könne.