Navigation überspringen
nordwest-zeitung
Abo-Angebote ePaper Newsletter App Prospekte Jobs Immo Trauer Shop

Deutschland Kleinod hinter Plattenbauten in Dresden

Dresden - Stattliche Bürgerhäuser aus dem Barock mit Galerien und kleinen Läden gegenüber von Plattenbauten an einer Allee mit Grünflächen – Kontraste und Geschichten bietet die Innere Neustadt in Dresden.

Der Goldene Reiter glänzt in der Sonne. Dahinter ragen gräuliche Wohnblocks auf. Ich komme über die Augustusbrücke aus Dresdens Altstadt mit Frauenkirche, Residenzschloss, Semper Oper und Zwinger. Lohnt es sich die vierspurige Straße zu überqueren, um zu dem Standbild von August dem Starken zu kommen?

Diese Frage stellten sich viele Besucher, sagt Stadtführer Dr. Claus Kemmer. Dabei beginnt hinter den Plattenbauten das Barockviertel. Vom Goldenen Reiter führt die Hauptstraße, eine breite, autofreie Allee mit großen Platanen, Grünflächen und Bänken Richtung Norden zum Albertplatz.

Auf der einen Seite Plattenbauten mit Arkaden, in denen sich Geschäfte befinden. Auf der anderen Straßenseite vier- und fünfgeschossige Bürgerhäuser aus dem Barock in Weiß, Hellgelb oder dezentem Rot mit geschmackvollen Zierelementen an Fenstern und Türen. In den kleinen Läden werden unter anderem Kunsthandwerk, Antiquitäten und Möbel angeboten.

Gestaltungsspielraum

Auch Galerien finden sich sowie eine Goldschmiedin, die sich auf Trauringe spezialisiert hat, und eine Schneiderin, bei der Kundinnen aus dem ganzen Land und darüber hinaus Ballkleider maßanfertigen lassen. Die Torbögen führen in kleine Passagen und einige in dahinter liegende Gärten.

„Hier in der Hauptstraße hatten die Bürger um 1700 freie Hand bei der Gestaltung ihrer Häuser“, sagt der Kunsthistoriker Claus Kemmer. Damals plante August der Starke ein fächerförmiges Straßennetz vom Goldenen Reiter ausgehend. Die Dreikönigskirche stand dem Fächer im Weg. Also wurde sie abgerissen und am Ende der Hauptstraße in der Neustadt wieder errichtet.

Wobei der Name Neustadt etwas irreführend ist. Denn an dieser Stelle stand Alt-Dresden. Als im 13. Jahrhundert der Vorläufer der heutigen Augustusbrücke entstand, um Dresden an den Handelsweg Via Regia anzubinden, rückten die beiden Orte näher zusammen. Aus verteidigungstechnischen Gründen wurde die Stadtmauer auch um Alt-Dresden gebaut.

Konkurrenz unterbunden

Bis August der Starke im 18. Jahrhundert Pläne für den Stadtteil entwarf, war dieser eher dörflich geprägt. Als das Barockviertel am Reißbrett entstand, bekam es den Namen Neustadt.

Doch August der Starke konnte seine Pläne zu Lebzeiten nicht gänzlich verwirklichen und sein Sohn Friedrich August II. Kurfürst von Sachsen hatte andere. Er wollte das Japanische Palais in Szene setzen. Da dieses etwa auf gleicher Höhe wie der Goldene Reiter liegt, waren die fächerförmigen Straßen völlig unpassend. August II. änderte kurzerhand die Straßenführung.

Außerdem verfügte er, dass die Häuser in der Königsstraße eine bestimmte Höhe nicht überschreiten und nur über den Türen Schmuckelemente aufweisen durften – damit keines seinem Japanischen Palais Konkurrenz machte.

Zurück auf die Hauptstraße. Durch einen Trick der Stadtplaner wirkt sie länger und damit imposanter als sie ist: Die Allee wird von ihrem Südende nach Norden immer schmaler.

Regionales in Markthalle

Am nördlichen Ende steht die Markthalle. Ein denkmalgeschützter Bau mit schmiedeeisernen Geländern an den Galerien und verzierten Eisentreppen im Inneren aus der Zeit um 1900. In der Markthalle findet man unter anderem kleine Läden mit regionalen Produkten, Käse, Obst und Gemüse sowie einen Weinkeller.

Gegenüber fällt die Dreikönigskirche auf. Wie die Innere Neustadt mit ihren Barockhäusern und Plattenbauten vereint auch sie Teile verschiedener Zeiten in sich.

Nachdem die Kirche bei Bombardierungen im 2. Weltkrieg zerstört worden war, bauten die Dresdener sie in den 1970er Jahren äußerlich genau so auf wie vorher. „Die Gemeinde war wesentlich kleiner geworden und brauchte keine so große Kirche mehr“, berichtet Claus Kemmer. Also wurde der vordere Teil des Kirchenschiffs als modern gestaltetes Gemeindezentrum mit öffentlichem Café genutzt. Glaswände trennen die Räume mit weißen Außenwänden und grauem Boden.

Altar mit Bombenspuren

Diese Schlichtheit setzt sich im hinteren, als Kirche genutzten Teil, im Großen und Ganzen fort. Allerdings befinden sich an der Empore alte Figuren, die die Bombardierung überstanden haben. Auch der ursprüngliche Sandsteinaltar steht darin – mit den Spuren der Zerstörung. „Sandstein oxidiert mit der Zeit, er wird schwarz. Da der Stein nicht hitzebeständig ist, platzten bei der Bombardierung Teile ab. Die heute hellen Flächen, sind also die beschädigten“, erklärt Claus Kemmer.

Ein berühmter Name ist auch mit der Dreikönigskirche verbunden: Erich Kästner wurde hier getauft. Er wuchs in der Äußeren Neustadt auf, die in der Gründerzeit entstand – heute das angesagte Ausgehviertel Dresdens. Die Alaunstraße hat die höchste Kneipendichte der Stadt.

Erich Kästners Heimat

Zu Erich Kästners Zeiten fuhren noch hauptsächlich Pferdekutschen über den Albertplatz. Als Kind saß der Schriftsteller aus einfachen Verhältnissen dort gern auf der Mauer vor der Villa seines reichen Onkels, in der sich heute das Erich-Kästner-Museum befindet.

In dem Buch „Als ich ein kleiner Junge war“ erzählt Kästner vom Gärtner des Onkels. Dieser fragte sich, wozu der Onkel die Villa und den schönen Garten habe, wo er doch morgens ins Büro fahre, abends wiederkomme, etwas esse und ins Bett gehe. „Erich Kästner hat nie vergessen, dass er ein Kind der Königsbrücker Straße war“, sagt Claus Kemmer. „Er hat alles genossen was er erreicht hat.“

Tourist-Information Dresden am Neumarkt 2 (Frauenkirche), 01067 Dresden oder am Wiener Platz 4 (Hauptbahnhof), 01069 Dresden, t 0351/501 501, E-Mail info@dresdeninformation.de

Themen
Artikelempfehlungen der Redaktion

750-Jahr-Feier in Wardenburg Festwochenende lässt kaum Wünsche offen

Marén Bettmann Wardenburg

Neuer Trainer beim SSV Jeddeloh Key Riebau kehrt zurück an den Küstenkanal

Lars Blancke Mathias Freese Jeddeloh

Oldenburger Brunnenlauf und Hauptstraßenfest Strahlende Gesichter auf und neben der Strecke – die schönsten Bilder

Anja Biewald Oldenburg

1. Westersteder Fahrradfrühling Abstrampeln für besseren Radverkehr im Ammerland

Jasper Rittner Ammerland

Brand in Oldenburg Wertvoller Oldtimer in Flammen – 100.000 Euro Schaden

Anja Biewald Oldenburg
Auch interessant