Warschau Die Bedienung in der Warschauer Milchbar „Prasowy“ stellt einen Teller dampfender Teigklößchen, in zerlassener Butter und mit Zucker bestreut, ins Fenster der Essensausgabe. Die Polin lehnt sich in die Durchreiche aus der Küche und ruft den plaudernden Gästen mit schneidender Stimme zu: „Einmal die Pierogi Leniwe bitte!“. „Klöße für Faule“ heißt das typisch polnische Gericht übersetzt.
Die süßen Klöße sind eines der typischsten Gerichte im Menü der polnischen Bars, die überwiegend in den 1950er Jahren in den Zeiten des Kommunismus entstanden. Von seinen Gästen werden sie mit am liebsten bestellt, wie Lokalbesitzer Kamil Hagemajer erzählt.
„Bei uns gibt es das typisch polnische Comfort-Food“, sagt der 43-Jährige, der vor rund zehn Jahren aus der Bankenbranche in die Gastronomie wechselte. „Bist du verrückt?“, fragten ihn ehemalige Kollegen, die Hagemajer in seiner ersten Milchbar noch selbst bediente. Inzwischen ist er mit landesweit rund 30 Lokalen erfolgreich im Geschäft.
In den Zeiten des Sozialismus gab es Zehntausende von ihnen. Es sind heute viel weniger. Dennoch findet man die Bars Mleczny, wie sie auf Polnisch heißen, noch überall in Polen – in Posen oder Breslau, in Lodz oder Danzig, in Stettin oder eben in der Hauptstadt Warschau.
Noch immer locken kleine Preise die Polen und zunehmend auch ausländische Touristen in die Bars. Hagemajer bietet das Menü deswegen zusätzlich auf Englisch an. Eine Portion der Teigtaschen Pierogi kostet umgerechnet zwischen 1,60 und 2,80 Euro.
Das Essen wird an der Kasse bestellt und mit einem Tablett an der Ausgabe abgeholt. Alkohol oder einen Kellnerservice gibt es nicht.
Traditionell werden in Milchbars vor allem bodenständige Speisen auf Grundlage von Milch, Grieß, Mehl und Eiern gereicht – sie verhalfen den Bars zu ihrem Namen. Auf dem Menü stehen neben Pierogi vor allem Pfannkuchen und verschiedene Kloßarten.
Pierogi gibt es als süße Variante mit Quark oder herzhaft mit Kartoffeln, Kohl und Pilzen oder Fleisch. Auch Pfannkuchen sind gefragt. Bis zu 150 Stück brät eine „Prasowy“-Mitarbeiterin während ihrer Schicht. In der Küche brodeln außerdem in riesigen Töpfen Salzgurken- und Sauerampfersuppe vor sich hin.
Das deftige Menü hat Hagemajer über die Jahre mit leichten Salaten erweitert. „Trotzdem ist seit jeher Schweinekotelett der absolute Spitzenreiter in meiner Bar“, sagt er.