Mit öffentlichen Verkehrsmitteln von der eigenen Wohnung zu Freunden nach Berlin reisen, ohne unterwegs auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein? Das ist für Menschen, die körperliche Beeinträchtigungen haben, oftmals nur Wunschdenken. Hier setzt ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Forschungsprojekt des Bremer Instituts für Produktion und Logistik an der Universität Bremen (BIBA) an. Ziel war die Entwicklung eines Mobilitätskonzepts, das ein selbstbestimmtes und unabhängiges Reisen ermöglicht.
„Im Zentrum unserer Überlegungen standen von Anfang an autonome Kleinstfahrzeuge, die beim Umsteigen helfen sollen“, berichtet Aaron Heuermann, Leiter des Forschungsprojekts. Schon heute fahren schließlich fahrerlose Shuttlebusse im Testbetrieb und in Fabriken und Lagern von Logistikunternehmen sind selbststeuernde, mitdenkende Versorgungsfahrzeuge unterwegs. Die Bremer Wissenschaftler sind überzeugt: Was in der Produktion und Logistik erfolgreich eingesetzt wird, kann auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen beim Reisen unterstützen.
Technische Unterstützung beim Umsteigen
In ihren Umfragen zu Beginn des Projekts kam heraus, dass die meisten Reisenden vor allem dann Probleme haben, wenn sie mit Gepäck unterwegs sind. Sind sie auf verschiedene Verkehrsmittel angewiesen, wird es noch schwieriger. Daraus schlossen die Wissenschaftler, dass der Bedarf nach einem Fahrzeug, das Gepäck transportieren kann, größer ist als der Bedarf nach einem Shuttle für die Reisenden selbst – und haben auf dieser Grundlage eine Lösung entwickelt.
Und die sieht so aus: Ein kleines autonomes Kettenfahrzeug, wie es einige seiner BIBA-Kollegen bereits für die Industrie und den Transport von Paketen konstruiert haben, steht in einer weiterentwickelten Variante an der Haltestelle bereit und lässt sich mit einem oder zwei Koffern beladen. „Dank einer altersgerechten und bedienerfreundlichen Schnittstelle kann ich dem Roboterfahrzeug dann sagen beziehungsweise mit Gesten oder per Touchscreen klarmachen, wo es die Koffer hinbringen soll“, sagt Heuermann. Ist der Reisende mit seinem kleinen Begleiter auf dem Bahnsteig angekommen und will in den Zug einsteigen, kann das Gerät bis direkt vor die Tür fahren und dort zum Einladen des Gepäcks seine Höhe verändern.
„Unsere Vision für die Zukunft ist es, dass sich das Roboterfahrzeug gleich beim Ticketbuchen mitbestellen lässt und dann schon direkt vor der richtigen Bus- oder Straßenbahntür steht, wenn der Reisende am Bahnhof ankommt“, sagt Heuermann. Dies setze voraus, dass alle an der Reise beteiligten Fahrzeuge miteinander kommunizieren könnten.
Momentan existiert das Konzept zwar nur in der Theorie. Doch Aaron Heuermann ist überzeugt, dass solche oder ähnliche Fahrzeuge eines Tages tatsächlich an Verkehrsknotenpunkten zum Einsatz kommen werden: „Nicht heute oder morgen, aber vielleicht in fünf oder zehn Jahren.“