Landkreis - Trotz der desaströsen Vorrunde der Deutschen Fußballnationalmannschaft bei der WM in Russland: Der DFB hält an Bundestrainer Joachim Löw fest. Doch ist das die richtige Entscheidung? Die NWZ hat bei vier Fußball-Trainern aus dem Landkreis nachgefragt.
Nicht nur WM bewerten
„Ich kann die Entscheidung vom DFB absolut nachvollziehen“, sagt Lars Möhlenbrock. Der Trainer von Bezirksliga-Aufsteiger FC Hude findet es gut, dass nicht gleich „alles infrage gestellt“ wird. „Man sollte nicht den Fehler machen und die Arbeit von Jogi Löw nur an dieser WM und den Testspielen davor bewerten“, meint er. Es sei eine relativ erfolgreiche Zeit gewesen. „Ich denke, Löw wird sich aber hinterfragen. Das macht man als Trainer automatisch.“ Gerade die taktische Grundaufstellung habe er nicht ganz verstanden. „Sie hat einfach nicht zu den Spielen gepasst, war eher auf Konter ausgerichtet. Vielleicht hätte uns dort ein Sandro Wagner oder ein Nils Petersen gut getan.“
Marcel Bragula, Bezirksliga-Trainer vom VfL Wildeshausen stimmt zu: „Ich halte die Entscheidung grundsätzlich für gut. Die Qualitäten von Jogi Löw sind unbestritten.“ Zwar seien ihm während und kurz vor der WM einige handwerkliche Fehler unterlaufen – die Hauptverantwortung für das frühe WM-Aus trage Löw aber nicht. „Ich würde mir für die Zukunft einige Veränderungen wünschen, denn Jogi wurde von seinen Jungs im Stich gelassen. Dort gibt es sicherlich zwei bis drei etablierte Kräfte, von denen man sich lieber trennen und den Platz für junge Spieler freimachen sollte.“
Diana Decker, Co-Trainerin der Stenumer Frauen, kann die Entscheidung des DFB dagegen nicht nachvollziehen. „Ich halte das für eine absolute Fehlentscheidung. Er hätte zurücktreten sollen“, sagt sie. Löw sei lange genug dabei – nun wäre es an der Zeit gewesen, mit einem neuen Coach der Mannschaft neue Impulse zu geben. „Wenn der Erfolg ausbleibt, ist es immer gut, etwas zu verändern.“ Für Decker sei die einzig richtige Entscheidung gewesen, einen neuen Trainer zu installieren. „Jürgen Klopp wäre mein absoluter Traum-Bundestrainer.“
Zwiegespalten sieht Jörg Peuker, Trainer von Bezirksligist Harpstedter TB, die Entscheidung. „Für die Zukunft muss es jetzt weitreichende Veränderungen geben. Das habe ich aber auch vor der Entscheidung gesagt“, fordert er. 50 bis 65 Prozent des Teams sollten ausgewechselt – ein Strich gezogen werden. „Wir haben so viele junge und talentierte Spieler in Deutschland, die ihre Chance bekommen müssen.“
Satte Spieler
Schon die Nominierung vor und die Aufstellungen während der WM habe der Harpstedter Coach nicht verstehen können. „Wenn man auf die hochdekorierten Spieler wie Thomas Müller, Mesut Özil oder Mats Hummels schaut – die Mannschaft hat insgesamt zu satt gewirkt. Auch wenn sie sagen, dass sie noch nicht satt sind, im Unterbewusstsein ist es so – das kenne ich auch von mir und meinen Spielern.“ Jogi Löw sei nicht der Hauptverantwortliche. „Ich zähle auch Thomas Schneider und Marcus Sorg dazu. Warum hat Sorg zum Beispiel im Mexiko-Spiel von der Tribüne aus nicht erkannt, dass schnell eine neue Taktik benötigt wird? Der ganze Apparat sollte sich hinterfragen.“
Die Erfolge von Jogi Löw will Peuker nicht unter den Teppich kehren, doch es müsse sich etwas ändern – und zwar schnell. Viel Zeit bleibt nicht, Anfang September startet bereits die Nations League gegen WM-Viertelfinalist Frankreich. Nicht nur die vier Fußballtrainer aus dem Landkreis erwarten eine „neue Nationalmannschaft“.