OLDENBURG - Shohei Sumi ist ein eher unscheinbarer Mann. Sein freundliches Lächeln lässt sofort jede anfängliche Zurückhaltung verfliegen. Mit dem 39-Jährigen kann man Spaß haben. Im Training macht er immer wieder kleine Scherze, auch wenn Disziplin im Kendo, dem japanischen Schwertfechten, natürlich groß geschrieben wird. Er weiß, dass er mit dem Nachwuchs anders umgehen muss als mit den Polizeianwärtern, die er in Japan im Kampfsport unterrichtet.

Sumi gibt gerade seine Abschlussveranstaltung in Oldenburg. Drei Wochen lang fand das Training für die Seikenjuku-Mitglieder – 55 sind es mittlerweile – unter seiner Leitung statt. Und das war „wie ein Sechser im Lotto“, meint Jugendtrainer Sven Hunger-Weiland, der dabei auch selbst eine Menge dazugelernt habe. „Er bringt den Sport so authentisch wie möglich rüber – ein absoluter Glücksfall.“ Der Gasttrainer hat sieben von acht möglichen Dan bzw. Meistergraden. In seiner Altersklasse gehört er zu den besten Kämpfern des asiatischen Inselstaates.

Das hoch ritualisierte Kendo erfordert äußerste Konzentration, Körperbeherrschung und vor allem Willenskraft. Bei einem perfekten Schlag müsse alles stimmen, erzählt Junko Ohashi von Seikenjuku, und ihr Sohn Yu ergänzt: „Einen Punkt gibt es nur, wenn Schrei, Schlag und Körperhaltung übereinstimmen.“ Jeder Schlag wird von einem anderen Schrei begleitet. Es gibt vier Trefferzonen, die mit dem Shinai, dem Kampfgerät, angegriffen werden dürfen: Unterarm, Bauch, Kopf und Kehle. Kopftreffer sind dabei am schwierigsten, aber auch sehr angesehen.

Familie Ohashi ist so etwas wie das Herz des Kendo-Clubs. Herr Ohashi ist der Präsident, seine Frau kümmert sich um Hallenplätze und -zeiten und übernimmt die Betreuung der Kleinsten, die mitunter noch nicht so ganz bei der Sache sind. Die Ohashi-Söhne kommen in diesen Tagen auch als Übersetzer zum Einsatz. Sumi spricht nämlich kein Wort Deutsch.

Deswegen dauern die Ansagen immer ein bisschen länger als gewöhnlich. „Achtet auf den Abstand, geht nicht zu weit in den Gegner rein.“ Sumi beäugt das Geschehen sehr genau, schreitet ein, wenn ihm etwas nicht passt. Was ist sein Ziel? „Es geht mir darum, meinen Sport zu verbreiten, ihn auch älteren Menschen näherzubringen, und die japanische Kultur zu zeigen.“ Kommt er denn mit dem Wetter hier klar? „Hai, hai“, meint er, „ja, ja, in Japan ist es genauso kalt.“

Am Ende der Einheit versucht der Lehrer die Namen der Kendoka, die ihm zum Abschied eine Karte geschrieben haben, vorzulesen. Wieder so eine lustige Szene. Bei der deutschen Nationalmannschaft, die er in den nächsten zwei Monaten in München auf die EM vorbereitet, geht es vermutlich mehr zur Sache.