Gelsenkirchen - Die Revolution auf Schalke ist ausgeblieben: Der mächtige und umstrittene Vereinsboss Clemens Tönnies ist auf einer phasenweise turbulenten Mitgliederversammlung der Königsblauen am Sonntag erneut in den Aufsichtsrat gewählt worden.
Tönnies, der Vorsitzende des Gremiums, setzte sich im Kampf um zwei freie Plätze als Kandidat mit den zweitmeisten Stimmen (5367) der vier Bewerber durch. Nur sein Vertrauter Peter Lange (5685) erhielt noch mehr Unterstützung der 9447 anwesenden Mitgliedern in der Arena.
Andreas Goßmann (1680 Stimmen) und Michael Stallmann (2565), von der Opposition im Aufsichtsrat bevorzugt, gingen leer aus. Der milliardenschwere Fleischfabrikant Tönnies, seit 22 Jahren im Aufsichtsrat und seit 15 Jahren an dessen Spitze, darf damit weiter an seinem sportliches Lebenswerk basteln.
„Natürlich nehme ich die Wahl an. Wenn wir mit diesem neuen Sportvorstand, mit diesem Trainer, die PS auf die Erde kriegen, dann bricht eine völlig neue Zeit an“, sagte Tönnies nach seiner Wiederwahl mit Blick auf den neuen Manager Christian Heidel und Coach Markus Weinzierl.
Der Opposition und seinen zuletzt zahlreichen Gegnern vor allem aus den Reihen der Ultras, die ihm Profilierungssucht und Machtmissbrauch vorgeworfen hatten, macht Tönnies ein Friedensangebot: „Allen meinen Kritikern möchte ich die Hand reichen, damit wir zusammenstehen und die angreifen, die in der Tabelle vor uns stehen.“ Tönnies bekam danach sowohl Jubel als auch Pfiffe und wilde Buh-Rufe zu hören.
Die Tönnies-Opposition in dem elfköpfigen Aufsichtsrat kassierte damit eine schallende Ohrfeige. Axel Hefer, Andreas Horn und Thomas Wiese hatten in einem monatelangen, schmutzigen Wahlkampf versucht, Tönnies zu stürzen. Da sich das Trio am Sonntag nicht zur Wahl stellen musste und dem Aufsichtsrat weiter angehört, sind trotz gegenteiliger Beteuerungen durch Tönnies weitere Schlammschlachten programmiert.
In den vergangenen Tagen hatte sich das Ringen um Macht bei der Skandalnudel aus dem Ruhrpott noch einmal zugespitzt. Öffentlich wurde der angebliche Vorschlag eines Kuhhandels durch Horn, der Tönnies vorgeschlagen haben soll, er sorge für dessen Wiederwahl, sollte Tönnies sich bereit erklären, im kommenden Jahr sein Amt niederzulegen. Dafür sollte aber der Tönnies-Vertraute Armin Langhorst aus dem Aufsichtsrat zurücktreten, um den Tönnies-kritischen Ultra-Flügel zu stärken.
Der neue Manager Christian Heidel, der Tönnies im Vorfeld gestärkt hatte, stellte sich in seiner Rede zu Beginn der Versammlung nicht auf die Seite von Tönnies. Der Hoffnungsträger präsentierte sich eher als Mutmacher und warb um Ruhe und Konstruktivität.
„Ich habe eine echte Herausforderung gesucht, und ich habe sie gefunden in einem Klub mit riesigem Potenzial“, sagte Heidel: „Ich bin bis in die Haarspitzen motiviert. Wenn wir alle an einem Strang ziehen und das Wohl des Vereins über allem steht, dann ist Schalke 04 nur ganz, ganz schwer aufzuhalten.“
Tönnies hatte in seiner Wahlrede auf das erfolgreiche vergangene Geschäftsjahr mit Rekordumsatz (264 Millionen Euro) und die voranschreitende Konsolidierung des noch immer noch hoch verschuldeten Vereins (knapp 200 Millionen Euro Verbindlichkeiten) verwiesen. Vor allem aber setzte er auf Emotionen. „Viele haben mich gefragt, warum tust Du Dir das an? Ich liebe unser Schalke über alles, das ist der Grund, warum ich weitermachen will.“
Einhelligen Jubel löste zu Beginn der Versammlung die Bekanntgabe der Verpflichtung von Supertalent Breel Embolo aus. 20 Millionen Euro und ein Fünfjahresvertrag für das von halb Europa gejagte Sturmjuwel des FC Basel - ein starkes Zeichen. Der Schweizer Nationalspieler, am Samstag bei der Euro im Achtelfinale im Elfmeterschießen an Polen gescheitert, trug in der Videobotschaft bereits das königsblaue Trikot.