Fedderwardersiel Im vergangenen Jahr wurde Prof. Dr. Antje Boetius mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet. Ein hochkarätiger Gast war es also, dem am Mittwochabend im Nationalpark-Haus in Fedderwardersiel mehr als 100 Besucher lauschten. Die Meeresbiologin und Direktorin des Alfred Wegener Instituts (AWI) referierte im Rahmen der Kunst- und Kulturwochen „Gezeiten“ über ihre Exkursionen und aktuellen Forschungsergebnisse. „Von Butjadingen aus die Tiefsee und Polarregionen entdecken“, lautete das Thema der renommierten Wissenschaftlerin.
Täglich neues Leben
Ausgehend von der Vermessung der Erde, für die sich Carl Friedrich Gauß auch in Langwarden aufhielt, nahm Antje Boetius ihre Zuhörer mit auf eine spannende Reise. Im Gepäck hatte die Wissenschaftlerin zahlreiche beeindruckende Fotos und anschauliche Grafiken.
Mit ihrer Dunkelheit, bitterer Kälte und einem enormen Druck erscheint die Tiefsee bei einer Durchschnittstiefe von etwa 3800 Metern wie ein fremder Planet. Hier stoßen die U-Boote und Roboter nicht mehr auf Pflanzen, sondern auf eine fast völlig unbekannte Tierwelt. „Zehn Millionen Arten von Meerestieren warten auf ihre Entdeckung. Wir finden jeden Tag neues Leben auf der Erde“, sagte die Referentin.
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Damit sind diese Meereslandschaften mit ihren leuchtenden Krebsen, mit ihren Würmern, Kraken und anderen skurril wirkenden Lebewesen der größte belebte Raum der Erde. Es drohe jedoch die Zerstörung durch den Tiefseebergbau, warnte die Wissenschaftlerin. Die in den Meeren verborgenen Bodenschätze wie Gas, Öl, Erze und seltene Erden sind in Zeiten knapper werdender Ressourcen begehrte Güter geworden.
Zerstörung in der Tiefe
Auch der Abbau von Manganknollen mit ihrem hohen Gehalt an Kupfer, Nickel und Kobalt gehe mit irreversiblen Umweltschäden einher. Die Abbau-Geräte zerstören ganze Lebensgemeinschaften. Eine Re-Kolonisierung sei nicht möglich, weil die Knollen als Substrat fehlten, erklärte Antje Boetius.
Ein weiterer Schwerpunkt des Vortrags waren die Polargebiete. In diesen imposanten und erdgeschichtlich besonders aussagekräftigen Regionen macht sich die Klimaerwärmung auf dramatische Weise bemerkbar. „Wir können gar nicht so schnell forschen, wie sich das da draußen alles verändert“, sagte Antje Boetius. Erschreckend sei, dass mittlerweile sogar im Schnee und Eis der Arktis Mikroplastik nachgewiesen werde. Acht Millionen Tonnen Plastikmüll landen jährlich in den Ozeanen. Auch vor diesem Hintergrund sei es unverzichtbar, intensiv nach umweltfreundlichen Alternativen zu suchen und weltweit auf Nachhaltigkeit zu setzen – zumal der für das Jahr 2050 vorhergesagte Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius längst erreicht sei.
Am 20. September wird das Forschungsschiff „Polarstern“ in See stechen. An einer einjährigen Expedition des AWI mit fünf Eisbrechern und drei Forschungsflugzeugen werden insgesamt 600 Mitarbeiter – darunter 300 Wissenschaftler – aus 17 Nationen teilnehmen. Auch Antje Boetius wird an Bord sein. Ziel sei das Meeresgebiet zwischen Spitzbergen und der Nordostküste Grönlands. Dort soll die Lebensvielfalt der Arktis erforscht werden. Über den Winter in der Nordpol-Region wisse man bislang nur wenig, so die Wissenschaftlerin. Darüber hinaus sollen Daten über die Folgen des Klimawandels gesammelt werden.