Brake Die Mitarbeiter des „Weißen Rings“ sind eher im Verborgenen tätig. Das hat mit Datenschutz in der Opferarbeit zu tun, entspricht aber auch dem Willen der Betroffenen: Nur wenige möchten ihre Situation öffentlich diskutiert wissen.
Es sind vor allem Opfer häuslicher Gewalt, die sich an den „Weißen Ring“ wenden, aber auch solche von Sexualstraftaten, Einbrüchen oder Raubüberfällen. Oft kommen die Klienten aus dem eher finanzschwachen Milieu, Reiche können sich Hilfe etwas kosten lassen. Der „Weiße Ring“ arbeitet kostenfrei.
„Die Palette der Opferfälle ist vielfältig“, weiß Knut Matthiesen. Der 62-Jährige – im Hauptberuf Leiter des Kriminal- und Ermittlungsdienstes beim Polizeikommissariat Brake – leitet die Außenstelle Wesermarsch des „Weißen Rings“ seit 2015 ehrenamtlich. „Vielfach sind die Fälle nach einem persönlichen Gespräch, der Sichtung und von Unterlagen und der Weiterleitung an einen Anwalt oder zur psychologischen Erstberatung erledigt, manchmal reicht eine telefonische Beratung.“ Oftmals würden Opfer aber auch länger betreut, mitunter bis zum Abschluss einer Gerichtsverhandlung. 25 bis 30 solch intensiverer Fälle gibt es laut Matthiesen im Jahr in der Wesermarsch.
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Und da liege auch ein Problem: „Um die Ehrenamtlichen nicht zu überlasten und ihnen nicht die Freude an der Tätigkeit zu nehmen, sollen die Aufgaben auf weitere Schultern verteilt werden“, hofft der Außenstellenleiter auf Interessierte, die sich vorstellen können, ein paar Stunden in der Woche in die gute Sache zu investieren. Vor allem Frauen wünscht er sich als Verstärkung, da sich insbesondere Opfer von Sexualdelikten diesen leichter anvertrauten. Derzeit sind in der gesamten Wesermarsch nur zwei Männer und eine Frau aktiv ehrenamtlich für den „Weißen Ring“ tätig. Sie führen Gespräche, vermitteln Psychologen, Rechtsanwälte, zeigen weitere Möglichkeiten der Hilfe auf.
Interessierte sollten vor allem empathiefähig sein, Freude am Umgang mit Menschen mitbringen und über ein wenig Lebenserfahrung verfügen. Verschwiegenheit und ein guter Leumund runden das Anforderungsprofil ab. „Ihre Motivation ziehen sie aus dem Willen, Menschen in Notsituationen zu helfen.“ Auf ein erstes Kennenlerngespräch folgt eine unverbindliche Begleitung zu Opferfällen. Das nötige Rüstzeug erhalten die künftigen Opferhelfer dann in einem Wochenendgrundseminar und in einem Aufbauseminar. Dort gibt es Einblicke in die Bereiche Rechtskunde, Sozialwissenschaften, Psychologie und Kriminalprävention. Regelmäßiger Austausch untereinander helfe den Helfern selber, das Erfahrene zu verarbeiten.
Das wichtigste Handwerk muss man aber gar nicht erlernen: Zuhören. „Es geht vor allem um menschlichen Beistand“, betont Matthiesen. Schon mit ein paar, manchmal ganz einfachen, praktischen Tipps und Erkenntnissen könne man helfen. „Erfolgreich sind wir dann, wenn die Opfer zufrieden sind, wenn ihnen unsere Unterstützung gut getan hat.“
Wenn der langjährige Polizist Ende des Monats in den Ruhestand verabschiedet wird, will er dem „Weißen Ring“ noch „ein paar Stunden mehr“ widmen. Neben Opferhilfe liegt ihm vor allem die Öffentlichkeitsarbeit am Herzen, die Stärkung der Präventionsarbeit und vielleicht sogar – nach Oldenburger Beispiel – eine Kooperation mit der Jade-Hochschule.
Aber auch allen, die sich eine ehrenamtliche Tätigkeit im „Weißen Ring“ (noch) nicht zutrauen, macht Matthiesen ein Angebot: Durch eine Mitgliedschaft für 2,50 Euro im Monat kann man die Arbeit der Opferhelfer unterstützen. Beitrittsformulare gibt es in der Braker Außenstelle im Rathaus. Der „Weiße Ring“ finanziert sich über Spenden, Mitgliederbeiträge und vor allem Gerichtszuweisungen.