Burhave Seit 1996 beschäftigt sich der Designwissenschaftler und Publizist Professor Reinhard Komar mit der Gestaltung nachhaltiger Entwicklung. Derzeit hat er eine Professur in Peking und seit Anfang vergangenen Jahres ist er stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbands Meeresmüll.
Wachsendes Problem
Der Stollhammer referierte nun beim Landfrauenverein Butjadingen in der Gaststätte Butjadinger Hof über Strategien gegen die Verschmutzung der Gewässer und Meere. Thema des etwa einstündigen Vortrags war die Problematik des zunehmenden Plastikmülls in den Weltmeeren. Das Problem ist nicht neu, doch das Ausmaß wird erst nach und nach deutlich. So werden rund 1600 Faserpartikel einer Fleecejacke bei einem einzigen Waschvorgang freigesetzt, die nicht im Klärwerk herausgesiebt werden können. Bis eine Plastikflasche endgültig zersetzt ist, dauert es bis zu 450 Jahre, und der Großteil des Plastikmülls – mehr als 70 Prozent – liegen am kaum erreichbaren Meeresgrund.
Selbst die entlegensten Orte haben sich in den vergangenen Jahrzehnten zu reinsten Mülldeponien entwickelt. Auf Henderson Island, einer unbewohnten Insel im Pazifik, sind in den vergangenen Jahren 38 Millionen Plastikteile angespült worden. Das sind 17,6 Tonnen, und täglich kommen pro Quadratmeter 27 Kunststoffteile dazu.
Erschreckende Prognose
Vor diesem Hintergrund hat die Weltbank im vergangenen Jahr eine Müll-Warnung ausgesprochen. Nach ihren Prognosen werden im Jahr 2050 um die 70 Prozent mehr Müll produziert werden als bislang, sofern kein massiver Umdenkungsprozess stattfindet. Die Weltbank fordert deshalb dringend Investitionen in Recycling- und Müllmanagementsysteme. „Refuse, reduce, re-use, repair recycle, rethink“, also Vermeidung, Verringerung, Wiederverwendung, Reparieren, Recycling und Überdenken, das sind die sechs R-Säulen eines solchen Umdenkprozesses, der mit Maßnahmen wie den Verboten von Einwegplastik im Alltag, von primärer Mikroplastik und Polymeren oder von Müllexporten einhergehen muss, erläuterte der Experte.
Die Zukunft erfordere eine Kunststoff-Politik, die sich durch die absolute Reduktion von synthetischen Kunststoffen, die Entwicklung eines international verbindlichen gesetzlichen Rahmenwerks, die Durchsetzung des Verursacherprinzips und der Herstellerverantwortung sowie durch die Förderung nachhaltiger Lebenswelten auszeichnet. Und nicht nur die Politik und Industrie sind gefragt. Jeder Einzelne kann und sollte sich einbringen und seinen eigenen Konsum sehr kritisch hinterfragen.