Wilhelmshaven - Die Entwicklung der seit Jahren brachliegenden Fläche des ehemaligen Schlachthofgeländes im Bereich Kanalweg/Luisenstraße Admiral-Klatt-Straße hat im Rat der Stadt einen weiteren Dämpfer erhalten. Mit 18:17-Stimmen wurde eine Änderung des Bebauungsplanes Nummer 40 (Havermonikenstraße/Kohlenhafen) abgelehnt. Eine Investorengruppe hat das mehr als 20 000 Quadratmeter große Grundstück von einem Privatmann gekauft und will dort einen Gewerberiegel in Richtung Ems-Jade-Kanal bauen.
Dieser sollte auch den Schallschutz einer Wohnbebauung in dem Bereich zur Admiral-Klatt-Straße hin bilden. Die beiden denkmalgeschützten Häuser sollten laut dieser Planung erhalten bleiben. Mit der Änderung des Bebauungsplanes wäre das Bauleitverfahren in Gang gesetzt worden. Diesem ersten Schritt, die Vision auf dem Papier Wirklichkeit werden zu lassen, schob eine Mehrheit im Rat einen Riegel vor – nicht zum ersten Mal.
Rückblende
Ein Investor kaufte vor Jahren das Gelände von der Stadtwerke-Verkehrsgesellschaft. Er wollte den Bereich um die Bushalle abreißen und dort großflächigen Einzelhandel ansiedeln. Dafür gab es einen rechtskräftigen Bebauungsplan – er hatte dafür also Baurecht. Um das Ganze auch wirtschaftlich zu gestalten, sollte zudem der südliche Teil des Geländes in Richtung Kanal mit Einzelhandel bebaut werden. Dafür hätte wohl auch ein denkmalgeschütztes Haus weichen müssen.
Die Mehrheit im Rat befürchtete wegen des geplanten Verbrauchermarktes negative Auswirkungen auf die Innenstadt und setzte für den Bau eines Nahversorgungszentrums auf die westliche Marktstraße. Auf das südliche Gebiet wurde deshalb eine Veränderungssperre gelegt und nur kleinteiliges Gewerbe mit geringen Lärmwerten zugelassen. Gegenüber auf der anderen Kanalseite an der Emsstraße befindet sich das Recyclingunternehmen Alba Nord mit Lärmemissionen. Die Vision Einzelhandel an der Stelle in der Südstadt platzte.
Neue Vision vorgestellt
Eine Investorengruppe hatte Ratsmitgliedern im Ausschuss für Planen und Bauen und Oberbürgermeister Carsten Feist im Vorfeld der Ratssitzung die eingangs erwähnte Vision vorgestellt.
Der OB sprach während der Debatte im Rat von einer „innovativen Idee, Wohnen und Arbeiten zu verbinden und damit den Südkiez weiterzuentwickeln“. Auch die Gruppe CDU/WBV (durch den Wechsel von Jörg Münkenwarf von der SPD zur WBV auf zwölf Mitglieder angewachsen) befürwortete die neue Planung. Ebenso die Gruppe FDP/FW. In einem Bauleitverfahren (mindestens ein Jahr Laufzeit) gebe es noch viele Möglichkeiten, Einfluss auf die Planung zu nehmen, so Gruppensprecher Dr. Michael von Teichman.
Die Kritiker kamen aus den Reihen der SPD und der Gruppe Grün-Unabhängig-Sozial (GUS). Detlef Schön (SPD): „Wir wollen nicht die Katze im Sack kaufen.“ Die Ratsmitglieder müssten Näheres zum Vorhaben wissen. Zudem solle der Standort von Alba nicht gefährdet werden; die Firma will nach eigenem Bekunden dort bleiben. Möglicherweise sei später mit Klagen von Bewohnern wegen des Lärms von Alba zu rechnen, so Schön.
Aus den Reihen der Gruppe GUS hieß es, man sei nicht mit den bisher bekannten Details der Planung zufrieden. Für Antje Kloster (GUS) habe das Gelände Potenzial. Sie regte einen Ideenwettbewerb an; dieses wurde verworfen, da es sich nicht um ein städtisches Grundstück handelt.
OB Feist sagte, wenn nach Einzelhandel nun noch Gewerbe und Wohnen vom Rat ausgeschlossen würden, blieben nicht mehr viele Ideen übrig, was dort überhaupt noch realisiert werden könnte. „Soll dieser Zustand weitere 20 Jahre so bleiben?“ Zunächst wird nichts weiter passieren. Ein Ratsbeschluss kann frühestens nach sechs Monaten wieder aufgehoben werden.
Kommentar von Maik Michalski: Aus Fehlern gar nichts gelernt
Das Trauerspiel um die Brache des ehemaligen Schlachthofgeländes wird um ein weiteres Kapitel fortgeschrieben. Dem ersten Eigentümer, der das Gelände von der Stadtwerke-Verkehrsgesellschaft erwarb, um dort Einzelhandel anzusiedeln, wurden vom Rat Knüppel zwischen die Beine geworfen. Der Investor verkaufte letztendlich wohl aus Frust das Areal weiter.
Nun hat eine hauchdünne Mehrheit im Rat also auch den zweiten Versuch, den Schandfleck endlich zu beseitigen, (vorerst) verhindert – und damit die gerade erst neu aufgestellte Wirtschaftsförderung gleich in deren Startphase torpediert. Welch ein schlechtes Signal wird erneut überregional an alle Investoren gesendet. Das darf doch nicht wahr sein! Zumal die Interessenten für die Brache in der Südstadt nicht gerade Schlange stehen.
Die Kritiker der jetzt vorgelegten Planung haben aus den politischen Fehlern der Vergangenheit gar nichts gelernt. Und sie haben selbst keine Idee, wie es dort weitergehen soll. Den Verweigerern müsste man eine Sechs ins Schulzeugnis schreiben: Die Leistungen entsprechen nicht den Anforderungen, selbst Grundkenntnisse sind so lückenhaft, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden können – vielleicht bei der Kommunalwahl im Herbst.