AUGUSTFEHN - Die Erfahrung, dass sich mit der Zeit vieles ändert, machte Franz Resch mehr als einmal in seinem Leben. Doch besonders gut erinnert sich der 84-jährige Augustfehner an seine frühen Erfahrungen mit dem Telefon. Seine Erzählungen beginnen im Jahr 1939, als er nach dem Schulbesuch als 14-jähriger Junghelfer zum Bahnhof der Reichsbahn in Ocholt kam: „In den Dörfern konnte man die vorhandenen Telefone und Autos noch an den Fingern abzählen. Ich hatte bis dahin noch nie ein Telefon in der Hand gehalten, erkannte aber gleich, dass es in diesem Beruf eine bedeutende Rolle spielen sollte“, sagt Resch.

Die Ocholter Teilnehmer konnte Resch direkt anwählen, mit allen anderen musste er sich von einem „Fräulein“ vom Fernamt Westerstede verbinden lassen. Dazu sagte er: „Bitte Westerstede 252 für Ocholt 13.“ Die Nummer des Teilnehmers, in diesem Fall 252, musste er kennen. „Hatte eine Seite mal Zeit und Lust für eine Plauderei, meldete man sich mit der Losung: ,Unter blauem Himmel?’ Hatte auch die Gegenseite Zeit, lautete die Antwort: ,Die dunklen Wolken’, und schon konnte das Schwätzchen beginnen“, lacht Resch.

Auch an eine andere Geschichte erinnert sich der Rentner gut: Eines Tages, im Jahr 1947, erhielt Resch einen Anruf aus Westerstede. Eine Frau bestellte eine Fahrkarte nach München unter dem Namen Magda Schneider. Verwundert fragte er nach, ob es sich um die berühmte Schauspielerin handelte. Auch nach ihrer Bestätigung konnte er es nicht glauben und rief in Westerstede an, um sich zu vergewissern. Und tatsächlich: Magda Schneider hatte für einige Tage Bekannte in der Holzhandlung Takenberg besucht. „Wenn mich da jemand reingelegt hätte, hätte ich das teure Bahnticket selbst bezahlen müssen“, erklärt Resch. „Doch am nächsten Tag stand sie leibhaftig vor mir, lächelte mich an und nahm ihr Ticket mit“, erinnert er sich.

Im Jahr darauf heiratete Franz Resch seine Frau Gerda, deren Eltern die Ocholter Bahnhofsgaststätte betrieben. In der vergangenen Woche feierte das Paar seinen 61. Hochzeitstag.

Die Reichsbahn hatte 1939 das BASA-Netz, die Bahn-Selbstanschluss-Anlage, installiert. Durch das Selbstwählnetz waren alle Bahnhöfe auf den Hauptstrecken per Knopfdruck zu erreichen. Über Oldenburg gelangte man nach Bremen, Wilhelmshaven, Osnabrück und Emden.


Für Verbindungen in ganz Deutschland, in die von den Alliierten besetzten Gebiete oder auch zu im Ausland stationierten Reichsbahnstationen, musste sich Resch über die Zentrale in Münster ins Großnetz einwählen: „Auf dem Stellwerk gab es neben Morsetelegraphen einen Klappenschrank. Hier wurden die Bahnhöfe der Nebenstrecken, beispielsweise Westerstede, von Hand mit dem Bahntelefonnetz verbunden.“

Im Februar 1943 wurde er im Alter von 18 Jahren zum Reichsarbeitsdienst eingezogen, woran sich nahtlos Wehrdienst und Kriegsgefangenschaft anschlossen. Als Resch im September 1945 nach Ocholt zurückkehrte, fuhr täglich nur noch ein Zug von Ocholt über Westerstede – Bockhorn – Varel nach Oldenburg und zurück. „Bahn- und Telefonnetz lagen in Trümmern“, so Resch.

Doch das sei alles lange her. Nach 46 Jahren bei der Bahn ist der heute 84-Jährige schon seit 24 Jahren im Ruhestand. „Die Kinder sind schon Jahrzehnte aus dem Haus und wohnen in Berlin. Jeder hat heute zumindest ein Telefon. Und, ehrlich gesagt, ohne Telefon wäre Berlin noch viel weiter weg“, schmunzelt Resch.