Jever/Lingen - Egal, wo Pascal Janßen und Henning Rohoff mit ihrem Fluggerät auftauchen – sofort sind sie umringt von Menschen. „Die Leute interessiert, das Gerät in Aktion zu sehen“, hat Henning Rohoff festgestellt.

Als sie ihren Hexakopter, eine Drohne mit sechs Propellerarmen, im Zentrum Jevers starten lassen, ist es nicht anders. „Toll“, meint ein Radfahrer, der sofort bremst und absteigt. Eine Frau freut sich über die Bilder, die sie auf dem Steuerungsmonitor zu sehen bekommt. Denn der Hexakopter ist mit einer Kamera für Luftbilder und Filme ausgestattet. Gekoppelt ist die Kamera an den Monitor der Steuerung – und ermöglicht so Rundflüge vom Boden aus.

Pascal Janßen hat den Hexakopter entwickelt und gebaut. Der 23-Jährige aus Lingen studiert im vierten Semester Elektrotechnik an der FH Aachen. Henning Rohoff, 29 Jahre alt und ebenfalls aus Lingen, studiert in Vechta Geografie und Germanistik.

Beide gehören dem Verein „Forschung und Technik“ an. Im März 2012 haben sich junge Leute – angehende Mechatroniker und Elektroniker, Elektrotechniker, Informatiker und andere an Technik Interessierte – zum Verein zusammengeschlossen. „Unsere Idee ist, technische Projekte zu entwickeln. Und zwar nicht als Firma, sondern als Hobby“, erklärt Henning Rohoff.

30 Mitglieder in ganz Deutschland hat der junge Verein bereits. Sie alle bringen ihre Ideen und Fachkenntnisse ein, um gemeinsam Lösungen für technische Probleme zu entwickeln.


Der Hexakopter für Luftaufnahmen von Pascal Janßen war eines der ersten Projekte. „Entstanden ist er aus einem Quadrokopter, einer Drohne mit vier Propellern. Wir haben ihn so weiterentwickelt, dass er stabil in der Luft liegt und gute Aufnahmen ermöglicht“, erklärt er.

Nächster Schritt ist, die Drohne mit einer Infrarotkamera auszustatten: „Unsere Idee ist, sie bei der Maisernte einzusetzen“: Jedes Jahr kommen beim Mähen unzählige Rehkitze ums Leben, weil sie im Feld liegen und nicht vor dem Mähdrescher flüchten. Eine Wärmebildkamera könnte aus der Luft die Position der Rehe im Maisfeld an den Fahrer des Mähdreschers melden – und der hätte die Möglichkeit, die Stelle zu umfahren oder die Tiere zu vertreiben. Das würde auch den Lohnunternehmern Zeit und Geld sparen. Denn gerät ein Tier ins Mähwerk, ist die Arbeit erst einmal vorbei.

Für die Umsetzung sucht der Verein Sponsoren und Investoren. „Wir bringen das technische Wissen ein und sorgen für die Umsetzung. Für die ersten Testläufe brauchen wir nur noch eine Infrarotkamera“, sagt Rohoff.

Ein weiteres Projekt der Gruppe ist eine Steuerung für Lebendfallen für die Jagdwirtschaft: „Werden Lebendfallen eingesetzt, müssen sie täglich kontrolliert werden. Das kann bedeuten, dass ein Jäger ganz umsonst unterwegs ist, weil kein Tier in die Falle gegangen ist“, sagt Rohoff. Die Steuerung, die „Forschung und Technik“ entwickelt hat, meldet per SMS an den Jäger, sobald die Falle ausgelöst hat. Der Jäger kann dann gezielt nach der Falle sehen und muss nicht erst alle Fallen absuchen.

Der Prototyp der Fallensteuerung ist fertig – auch für dieses Projekt sucht der Verein einen Investor, der die Weiterentwicklung bis zur Fertigungsreife übernimmt.

Der Verein „Forschung und Technik“ funktioniert wie die Entwicklungsabteilung eines Unternehmens: Die Mitglieder suchen technische Lösungen für Probleme und bauen Prototypen. Dabei wird fachübergreifend zusammengearbeitet: „Dadurch, dass unsere Mitglieder aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen kommen, ist unser Potenzial zur Problemlösung enorm breit“, sagt Rohoff.

Zum Verein gekommen sind die meisten Mitglieder, weil sie irgendeine Idee hatten – und bei der Umsetzung nicht weiterkamen, weil ihnen Kenntnisse in Teilbereichen fehlen. Die Gruppe sieht sich als Ideenpool, in dem jeder jedem bei der Problemlösung hilft.

Geld verdient der Verein damit nicht: Was an Spenden hereinkommt, wird direkt in neue Projekte gesteckt. Doch wenn jemand Interesse an den Geräten der jungen Techniker hat – „umso besser“, meint Janßen: Der Verein freut sich, wenn er als Entwickler eines neuen Geräts genannt wird.

Der Hexakopter für Luftbildaufnahmen ist zurzeit noch das Aushängeschild von „Forschung und Technik“. Henning Rohoff und Pascal Janßen lassen ihn auch auf Bestellung fliegen.