Wesermarsch - Der einzige Grund, aus dem das Haus des Moorhauser Schäfers Fred Wachsmuth nicht unter Wasser steht, ist der Deich. Große Teile des Landkreises liegen unterhalb des Meeresspiegels, sind dem Wasser mühsam abgetrotzt worden. Bricht der Deich, geht der Kreis unter.
Und damit das schützende Bollwerk wehrhaft bleibt, weiden Wachsmuths 600 Schafe auf den Wiesen des Bauwerks. Mit ihren Hufen trampeln die Tiere die Grasnarbe fest, mit den Zähnen halten sie das Grün kurz und verdichten es. Nur so kann der Deich den Sturmfluten standhalten.
Wachsmuths Herde ist eine von zehn, die auf den 142 Kilometern Deich des II. Oldenburgischen Deichbands für Sicherheit sorgen. Die Deichschäfer haben angekündigt, ihre Herden abzuziehen, sollte nicht ein Umdenken passieren. Der Wolf soll in Küstenlandkreisen bejagt werden dürfen, die Herden seien auf dem Deich kaum zu schützen.
Deichverbandsvorsteher Burchhard Wulff ist bedient. Er hat schon viele Gespräche mit den Schäfern geführt. „Jetzt muss mal endlich Schluss sein mit dieser Wolfs-Romantik“, fordert er. Machen die Schäfer ihre Drohung wahr, sieht Wulff schwarz. „Hier geht es um die Landessicherheit“, warnt er. So, wie die Schafe den Deich pflegen, könne es eine Maschine nicht: 16 000 Tiere trampeln und fressen das Verbandsgebiet sicher.
Was passiert, wenn die Schafe den Deich nicht mehr pflegen? „Wenn die Grasnarbe abgetragen wird, kann das Wasser die Erde wegspülen“, erklärt Wulff. Über den schlimmsten Fall mag Wulff gar nicht nachdenken. „Dann ist hier Alarm.“ Dem Umweltministerium in Hannover hat der Deich-Chef seine Sorgen geschildert. Auf Nachfrage der NWZ sagt eine Sprecherin von Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne): „Das Umweltministerium nimmt Bedenken und Äußerungen der Schäfer sehr ernst und ist an gemeinsamen Lösungen interessiert. Wir sind optimistisch, dass Lösungen gefunden werden können, um die Deichschäferei dauerhaft zu ermöglichen.“ Schäfer Wachsmuth ist skeptisch. Wenn der Wolf an seine Tiere geht, „ist Schluss“.