Wardenburg - Oliver Bremer schwärmt: „In der Gemeinde Wardenburg gibt es viele tolle Betriebe und interessante Ausbildungsplätze.“ Das reiche vom innovativen Handwerksbetrieb bis zum global tätigen Hochtechnologieunternehmen. Aber Friseurmeister Bremer fügt hinzu: „Das wissen viele gar nicht. Zu wenige Jugendliche aus der Gemeinde kennen die Ausbildungs-Chancen vor ihrer eigenen Haustür. Mancher gehe deshalb andere Wege. Wie soll man da die Entwicklung der Betriebe und der Gemeinde langfristig absichern?
Und so wurde in Wardenburg eine bemerkenswerte Initiative der örtlichen Wirtschaft – einer sechsköpfigen Projektgruppe des „Gemeinde Wardenburg Marketingforum“ (GWMF) – zur Nachwuchskräftesicherung gestartet: Örtliche Unternehmer gehen gemeinsam vor, um örtliche Jugendliche und örtliche Ausbildungsplätze zusammenzuführen. „Aus eigener Kraft, mit überschaubarem Aufwand, ergebnisorientiert“ – fasst der Wardenburger Unternehmensberater Stefan Pelster zusammen.
Erster Ansatzpunkt sind Schulen, die von Jugendlichen aus Wardenburg besucht werden. Vielen Schülern mangele es an „Berufsorientierung“. Dass sei dann ein Grund, weshalb sie „in der Region am Ende fehlen“, meint auch Steuerberater Ralph Wichmann. Frühe Einsichten bei regionalen Betrieben sei sehr sinnvoll.
Erste Aktion, um das zu ändern: Rund 15 Unternehmen wurden anlässlich des Zukunftstages im April gemeinsam tätig. Man bot den Schülern der Schule IGS Wardenburg an, sich in kleinen Gruppen Betriebe anzuschauen.
Bisher sei es ja oft so, erläutert Bremer: Ein Schüler laufe allein einige Stunden irgendwie mit. Mit dem Wardenburger Ansatz schaue sich ein ganzer Jahrgang – hier rund 80 junge Leute – in kleinen Gruppen von fünf bis acht gleich ein breites Angebot an, „von Dienstleistungen bis zur Industrie“, mit Kurzvortrag, Führung und Nachbesprechung mit Fragen, berichtet Manfred Brüggemann (Raiffeisen Warengenossenschaft Wardenburg). Das ermögliche breite Orientierung.
Mit der IGS am Ort (Dr. Berit Pleitner und Kollegen) arbeite man gut zusammen, lobt Stefan Dähne (LzO Wardenburg), generell seien Offenheit für das Thema Berufsorientierung und Kontakte zu lokalen Betrieben spürbar, hieß es.
Nun will die Gruppe ihr Projekt stufenweise weiter ausbauen, kündigte Bremer an. Da sei „viel Potenzial“.
Denn auch anderswo gehen Wardenburger Jugendliche zur Schule: auf GAG, Liebfrauenschule, IGS Marschweg (Oldenburg), Waldschule Hatten und Bonhoeffer-Schule in Ahlhorn. Auch dorthin wollen die Wardenburger nach und nach die Fühler ausstrecken.
Weiteres Standbein der Initiative: ein eigener Ausbildungskatalog für die Gemeinde im Internet. Rund 40 Firmen machen bereits mit. Im Katalog finden Jugendliche aktuell gut 80 Ausbildungsplätze – von A wie Anlagenmechaniker/in bei der Janzen GmbH bis hin zu Z wie Zimmermann im Betrieb von Jürgen Elsner. Das sei doch ein wirklich „positives Hilfsmittel“ für Jugendliche und Eltern, meint Stefan Dähne.
Die Vorzüge des Ansatzes, Ausbildungsplätze und Jugendliche vor Ort zusammenzuführen, liegen auf der Hand: Der Aufwand sinkt für alle Beteiligten. Das Projekt soll wachsen. „Wir sind sehr daran interessiert, weitere Unternehmen zu gewinnen!“, sagt Manfred Brüggemann. Den Jugendlichen soll ein noch vielfältigeres Angebot gemacht werden, „vielleicht 100 bis 200 Angebote“.
Ausbildung in der Nähe – das schätzen viele Jugendliche. „Mit dem Fahrrad“ sei sie anfangs von ihrem Heimatdorf Westerholt ins nahe Wardenburger zum Ausbildungsbetrieb HIT Hafen- und Industrietechnik gefahren, erzählt Lara-Marie Speckmann (18). Die angehende Kauffrau für Büromanagement kann zu Hause wohnen bleiben. Sie sei auch mit den Menschen im Betrieb sehr schnell ins Gespräch gekommen. „Die Einbindung ist einfach gut“.
Die Wardenburger Initiative erregt Aufmerksamkeit. „Wenn sich mehrere Unternehmen mit Schulen zusammentun und „ihren“ Weg finden, ist das nur zu begrüßen, weil vielseitige Erfahrungen zusammenkommen“, meint Dr. Thomas Hildebrandt, Geschäftsführer bei der Oldenburgischen IHK. Lokale Zusammenschlüsse böten „für Jugendliche die Möglichkeiten konkret nachzufassen – man kennt sich irgendwie“. Das sei „ein unschätzbarer Vorteil in der digitalen Welt.“
Lokale Unternehmer betonen, dass eine Ausbildung am Ort nicht bedeute, dass man sich nicht weiterentwickele. HIT-Chef Gerwin Eilers, dessen Team weltweit Häfen mit Steuerungselektronik ausrüstet, weist gern darauf hin, dass seine Ingenieure sich oft Schritt für Schritt weiterentwickelt hätten: von solider Schulbasis aus über Berufsausbildung, Fachoberschule, Fachhochschule zum „Ing.“.
Das sei alles in der Region möglich, mit entsprechend geringerem Aufwand. Aber so etwas sei eben bei örtlichen Jugendlichen wenig bekannt.
Das wollen die Wardenburger nachhaltig ändern.