Köln Riesig war die Euphorie, als es im Mai nach etlichen Wochen hieß: Weitermachen, liebe Friseurinnen und Friseure. Im Mai lagen die Umsätze daher immerhin 15,8 Prozent über jenen des Vorjahres, wie aus einer Branchenanalyse der Unternehmensberatung Peter Zöllner im Auftrag von Wella hervorgeht.
„Der Trend nach guter Friseurdienstleistung ist ungebrochen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Friseurhandwerks, Jörg Müller. „Wenn es einen Beweis gebraucht hätte, dann war das die Euphorie und der Hype, als die Friseure wieder öffnen durften.“
Auch die Gewerkschafterin Andrea Becker von „Verdi“ erkennt eine neue Haltung der Kunden gegenüber ihren Friseuren. Zuvor hätten viele den Gang als Selbstverständlichkeit angesehen. Nun habe man das neu schätzen gelernt.
Zuvor jedoch blieben – das ist nicht zu vergessen – sechs Wochen lang die Türen zu. Im März, als die Salons dicht machen mussten, lag der Monatsumsatz 37,4 Prozent unter dem des Vorjahresmonats.
Müller rechnet aber selbst für gut laufende Salons mit Jahresumsatzeinbußen von 10 bis 15 Prozent. Zwar haben auch heute noch viele Salons lange Wartelisten, aber: „Ein richtiger Nachholeffekt ist das nicht.“ Schließlich seien während der geschlossenen Wochen viele Besuche weggefallen, die nicht in gleichem Maße nachgeholt würden.
Belastend sei auch, dass durch Hygienevorschriften und Abstandsregeln deutlich weniger Kunden an einem Tag versorgt werden könnten als üblich. Auch arbeitsteilige Abläufe unter Kollegen seien nicht möglich. „Das trifft besonders Salons, die normalerweise eine hohe und gute Auslastung haben.“
Viele Salons hätten daher ihre Preise erhöht, einige um zwei, andere sogar um bis zu fünf Euro pro Haarschnitt, berichtet Gewerkschafterin Becker. „Das ist sicherlich auch gerechtfertigt.“ Die Branchenexpertin geht davon aus, dass die meisten der rund 80 800 Friseure die Krise verkraften werden. Ein Problemthema bleibt, das viele Betriebe es sich nicht leisten können, auszubilden – besonders kleine.
Apropos: Etablierte und größere Salons sind auf sogenannten Kleinstbetriebe oft gar nicht gut zu sprechen, wie der Bericht des Zentralverbands deutlich macht: Diese bildeten meist nicht aus, böten keine weiteren Arbeitsplätze und seien, wenn ihr Umsatz unter dem Freibetrag bleibe, von der Mehrwertsteuer befreit – „und können damit konkurrenzlos günstig am Friseurmarkt agieren.“