Langen /Bremen Die deutschen Fluglotsen können in diesem Jahr gleich mehrere Jubiläen feiern. Noch im Ersten Weltkrieg erging 1918 die erste Order an das Reichsministerium des Inneren, sich um die Belange der Flugsicherheit zu kümmern. Und deutlich aktueller ist die Gründung der privatrechtlichen Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) zum 1. Januar 1993. DFS-Chef Klaus-Dieter Scheurle sieht zahlreiche Aufgaben vor sich. Vor allem die europäische Integration und der von Billigfliegern und Drohnen verdichtete Flugverkehr machen dem 63-Jährigen Sorgen.
Am Firmensitz in Langen bei Frankfurt können sie auch deshalb recht entspannt auf 25 Jahre ohne Unfall zurückblicken, weil der tragische Zusammenstoß zweier Jets bei Überlingen im Juli 2002 in die Zuständigkeit der Schweizer Skyguide-Lotsen fiel. Damals starben wegen falscher Fluglotsenbefehle 71 Menschen, davon 49 Kinder.
„Die deutsche Flugsicherung gehört sicher zu den besten in der Welt“, hat Jörg Handwerg von der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) schon früher gelobt. Die Probleme auf europäischer Ebene bleiben allerdings trotz aller Bemühungen um einen einheitlichen Luftraum unübersehbar.
Dieser wird von nicht weniger als 27 nationalen Flugsicherungsorganisationen verwaltet, die gemeinsam mit ihren Regierungen und Militärs zäh an den jeweiligen Besitzständen festhalten. Einzelnen gemeinsamen IT-Projekten zum Trotz scheint es kaum vorstellbar, dass Frankreich oder Spanien die Kontrolle ihrer Militärflüge einer EU-Flugsicherung übertragen könnten.
„Das Ziel eines einheitlichen europäischen Luftraums ist bei weitem nicht erreicht, weil die Staaten an ihren hoheitlichen Rechten festhalten“, sagt DFS-Chef Scheurle. Dafür gebe es aber keine rechtlichen, sondern nur politische Gründe. „Aus meiner Sicht müsste die Europäische Kommission da wesentlich mehr Druck machen, weil man sonst wegen der technologischen Entwicklung Ergebnisse bekommt, die man nur noch schwerer ordnen kann.“
Die Fluggesellschaften beklagen milliardenschwere Mehrkosten und Zeitverluste durch umständliche Streckenführungen über Europa. Im deutschen Luftraum mussten lange besonders hohe Gebühren gezahlt werden, weil schlichtweg sämtliche Kosten abgedeckt werden mussten. Erst 2012 beendete die EU-Kommission das Prinzip der Vollkostendeckung und machte den nationalen Flugsicherungen scharfe finanzielle Vorgaben.
Die bundeseigene DFS geriet trotz erheblicher Personaleinsparungen in finanzielle Schieflage, die sich erst mit einer kräftigen Kapitalspritze des Bundes besserte. 2016 erwirtschaftete die DFS einen Gewinn von 86,6 Millionen Euro bei einem Umsatz von 1,22 Milliarden Euro.
Die privatrechtliche Tochter DFS Aviation Services (DAS) betreibt unter anderem die Tower an neun deutschen Regionalflughäfen, in London-Gatwick und demnächst auch im schottischen Edinburgh. An den 16 internationalen Flughäfen Deutschlands – darunter Bremen – sowie in den vier Kontrollzentren sind die Lotsen der Mutter DFS aktiv. Sie haben 2017 die Rekordzahl von mehr als 3,2 Millionen Flugbewegungen im deutschen Luftraum abgewickelt.
Die DFS (5400 Mitarbeiter) hat kräftig rationalisiert. Großes Thema ist globale Konkurrenz. „Die Digitalisierung wird uns in ganz neue Dimensionen führen. Die für eine Flugsicherung notwendigen Bausteine werden leichter verfügbar sein und die Hürden zum Markteintritt senken. Mit dem Auftreten großer privater Anbieter von Drohnenverkehr ist zudem mit neuartigen Dienstleistern zu rechnen“, sagt Scheurle. Er erwartet für den Luftverkehr einen Automatisierungsschub, dem perspektivisch auch die Piloten zum Opfer fallen könnten.