Cloppenburg - Vor einem weiterhin ungebremsten Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland hat Dr. Stefan Luft am Sonnabend beim Neujahrsempfang der Stadt Cloppenburg gewarnt. Damit würden die Möglichkeiten zur Integration überstrapaziert, sagte der Privatdozent am Institut für Politikwissenschaft der Uni Bremen vor rund 150 geladenen Gästen aus Wirtschaft, Verwaltung, Politik, Kirchen und anderen Institutionen.

Ins gleiche Horn stieß Bürgermeister Dr. Wolfgang Wiese (CDU): Im vergangenen Jahr habe die Stadt insgesamt 372 Flüchtlinge dezentral in Wohnungen untergebracht, allein in den vergangenen sechs Monaten habe man 60 Einheiten angemietet. Im ersten Quartal müsse Cloppenburg zusätzlich weitere 300 Asylbewerber aufnehmen. Aufs Jahr hochgerechnet, „bereiten uns die Zahlen schon Kopfzerbrechen“. Wohnungen habe die Stadt keine mehr, und „wir wissen nicht, was noch kommt“. Einigen Bürgerinnen und Bürgern werde „dieses Thema nun näherkommen“, kommentierte Wiese den geplanten Bau von mobilen Notunterkünften im gesamten Stadtgebiet (die NWZ  berichtete)

Eine dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen – so Politikwissenschaftler Luft – sei eine wichtige Voraussetzung für eine gelingende Integration. Nur wer gezwungen sei, sich mit der Sprache und Kultur des aufnehmenden Landes auseinanderzusetzen, werde sich langfristig auch integrieren und nicht in einer Parallelgesellschaft leben.

Dies sei der Stadt Cloppenburg – so Luft weiter – bei der Aufnahme der Aussiedler im vergangenen Jahrtausend gut gelungen: Schließlich sei die Cloppenburger Bevölkerung zwischen 1988 und 1999 um rund 10 000 Menschen gewachsen, heute hätten die Aussiedler einen Bevölkerungsanteil von 25 Prozent.

Neben der Sprache – so Migrationsexperte Luft weiter – sei es wichtig, den Flüchtlingen und Asylbewerbern zwei elementare Grundpfeiler der deutschen Gesellschaft zu vermitteln: Gleichberechtigung der Frau und religiöse Toleranz. Dass der Grundsatz „Mann und Frau sind gleich“ oft schwer zu vermitteln sei, hätten Vorfälle in Köln an Silvester leider belegt.


Dass Religion – und hier ganz besonders der Islam – ein Integrationshemmnis sei, wollte Luft nicht bestätigen. In den 1970er und 1980er Jahren seien zahlreiche Türken für Hilfsarbeitertätigkeiten nach Deutschland gelockt worden, diese und deren Nachkommen hätten die schlechteste Arbeitsmarktintegrationsrate in Deutschland. Anders verhalte es sich bei Migranten aus dem Iran, die ebenfalls dem Islam angehörten. Hier – meinte Luft – hätten 81 Prozent der nach Deutschland gekommenen Iraner einen Hochschulabschluss gehabt. Ihr gehobenes Bildungsniveau habe es ihnen viel leichter gemacht, sich in der deutschen Mittelschicht zu integrieren.

Carsten Mensing
Carsten Mensing Redaktion Münsterland