NORDENHAM/BUTJADINGEN - Die letzte Fahrt der Butjadinger Bahn dauerte die ganze Nacht. Sie war allen Beteiligten ein unvergessliches Erlebnis.

von henning bielefeld

NORDENHAM/BUTJADINGEN - Bahnhof Nordenham, Sonntag, 8. Juli 1956. Um 22.55 Uhr setzt sich zum letzten Mal die Butjadinger Bahn in Richtung Butenland in Bewegung. Ein Stück Verkehrsgeschichte in der nördlichen Wesermarsch endet, ein neues Kapitel beginnt. Die Rückfahrt übernimmt der Kraftverkehr Wesermarsch Arthur Lückemeyer. Nordenhamer und Butjenter betrauern eine Institution, die ihnen ans Herz gewachsen ist.

Am Bahnhof verabschiedet eine winkende Menge den „Silberpfeil“, wie der Triebwagen im Volksmund heißt. Lokführer Hermann Schönberg startet zur letzten Fahrt. Sie wird zu einem Triumphzug, der von Wehmut überschattet ist. An Bord sind der Bahnchef Oberinspektor Heinrich Meggers, zahlreiche Kommunalpolitiker, ehemalige Fahrschüler, langjährige Passagiere – und selbstverständlich die NWZ .

„Das Raucherabteil füllte eine lustige Gesellschaft – aufgekrempelte Hosen oder Shorts, Zylinder, Regenschirme mit Fahrradklingel“, schreibt der NWZ -Redakteur Fritz Frerichs in seinem Bericht „Zum letzten Male der ,Butjenter‘“. „Es waren ehemalige Fahrschüler aus Butjadingen unter Vorsitz des Alterspräsidenten Burchard Kähler, Fedderwarden. Der Verein führt den bemerkenswerten Namen ,denn-Club: Fief Jahr sind wi dr mit föhrt und denn willt wi dat leßde Mal ook mit‘. Ein Trauerflor am Wagen unterstrich den Charakter einer Beerdigung.“

Erster Halt Ellwürden. Bei „Tante Lili“ Bühring gibt es Schnaps, das Schifferklavier spielt „Auf Wiedersehen.“ An der einsamen Station Moorsee steigt eine alte Frau zu. Herzlich und lange schüttelt sie dem Schaffner Ziegener die Hand.


Während der „denn-Club“ singt – „Dunkelrote Rosen“, „Muss i denn“ – arbeitet sich der Zug von Station zu Station vor. Überall stehen die Bahnagenten – so werden die Stationsleiter genannt – mit ihren Familien draußen, geben einen aus und feiern den Abschied vom Personenzug. In Tossens, wo gleichzeitig Markt gefeiert wird, ist der Bahnsteig schwarz vor Menschen. Eine Kapelle spielt auf.

„Eckwarden ist Endstation für immer“, notiert Fritz Frerichs. Landrat Gerold Wächter, Bürgermeister Wilhelm Renken und der Vorsitzende des Bahnausschusses des Langwarder Gemeinderates, Georg Müller, empfangen den „Silberpfeil“.

Im Wartesaal des Eckwarder Bahnhofs wendet sich Landrat Gerold Wächter auf Plattdeutsch an die versammelten Bahnmitarbeiter und dankt ihnen für ihre langjährige Arbeit. „De Bus is mit de Bahn in Konkurrenz träen“, sagt der Esenshammer. „De Entwicklung geiht wieter un dor möt wi us mit affinnen.“

Lesen Sie in der nächsten Folge einen kurzen Rückblick auf die Geschichte der Butjadinger Bahn.